BERLIN. Der frühere Berliner Finanzsenator und Erfolgsautor Thilo Sarrazin hat den Nichtrauswurf von Altkanzler Gerhard Schröder aus der SPD kritisiert. „Entweder die SPD ist vollständig moralfrei oder sie glaubt, daß mein islamkritisches Buch schlimmer zu bewerten ist als die Unterstützung für einen brutalen Diktator wie Putin“, sagte Sarrazin der BILD-Zeitung. Dies zeige, daß die SPD mit „zweierlei Maß mißt“. Sarrazin war 2020 wegen islamkritischer Äußerungen im dritten Anlauf aus der SPD ausgeschlossen worden.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb auf Twitter, es sei „schade“, daß Schröder nicht konsequent selbst aus der Partei ausgetreten sei. „Wenn ihm die ‘Freundschaft‘ zu dem Schlächter Putin so wertvoll ist, hat er in der SPD keinen Platz mehr.“
Es ist schade, dass Gerhard Schröder nicht konsequent einfach austritt. Wenn ihm die „Freundschaft“ zu dem Schlächter Putin so wertvoll ist hat er in der SPD keinen Platz mehr. Unschuldige Kinder sterben durch einen narzisstischen Diktator. Unverzeihlich https://t.co/5GRwZXF9f3
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) August 8, 2022
Union erhebt schwere Vorwürfe
Heftige Kritik am Urteil des Schiedsgerichts der SPD Hannover kam auch aus Reihen der Union. CDU-Generalsekretär Mario Czaja betonte, er habe nie erwartet, daß Schröder aus der SPD ausgeschlossen werde. „Der Parteivorstand ist der Sache trotz großer Worte nur halbherzig nachgegangen und hat nicht einmal einen Antrag auf Parteiausschluß gestellt.“ Dies sei kein Wunder, da die SPD von einem „Zögling“ Schröders geführt werde.
Ich habe nicht erwartet, dass Gerhard #Schröder aus der #SPD fliegt. Der Parteivorstand ist der Sache trotz großer Worte nur halbherzig nachgegangen und hat nicht einmal einen Antrag auf Parteiausschluss gestellt. Kein Wunder, wenn ein Zögling Schröders die SPD führt. @reuters_de
— Mario Czaja (@MarioCzaja) August 8, 2022
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Gruppe im Bundestag, Stefan Müller, schrieb: „Grenzenloses und geschmackloses Eintreten für den russischen Diktator ist für die SPD kein Grund, jemanden aus der Partei zu werfen.“ CSU-Generalsekretär Martin Huber schlug in die gleiche Kerbe und fragte: „Wenn Lobbyismus für einen Kriegstreiber nicht parteischädigend ist, was dann?“ Die Entscheidung sage „viel über das Werteverständnis der SPD“.
Die SPD hat jeden Kompass verloren. Sie akzeptiert einen hörigen Vasall des Kriegstreibers Putins in ihren Reihen. Diese kraftlose Partei ruiniert Deutschlands Ruf in der Welt. #Schröder
— Martin Huber (@MartinHuberCSU) August 8, 2022
Verständnis für das Urteil kam dagegen von Niedersachsens SPD-Chef Stephan Weil. „Die rechtliche Einordnung durch die Schiedskommission ist aus meiner Sicht nachvollziehbar und verdient Respekt.“ Er betonte allerdings, Schröder sei mit seinen Ansichten in der SPD isoliert. Dies unterstrich auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. (ho)