DEN HAAG. Internationale Ermittler haben bei einer Polizeioperation gegen das organisierte Verbrechen am Montag und Dienstag mehr als 800 Verdächtige in 16 Ländern festgenommen. „Durch unsere Operation ‘Trojanischer Schild’ haben wir, das FBI mit unseren Partnern, wirklich vermocht, einige Tische umzustürzen, und die normalen Abläufe bei diesen kriminellen Aktivitäten zu verhindern“, sagte der stellvertretende Direktor des FBI, Calvin Shivers, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Den Haag. „Es gab mehr als 100 Mordkomplotte, die dadurch verhindert wurden.“
Der geschäftsführende Direktor von Europol, Jean-Phillippe Lecouffe, erklärte während der Pressekonferenz, daß eine Koalition von internationalen Polizeibehörden aus 16 Ländern, angeführt durch das US-amerikanische FBI, den Kriminellen über die verschlüsselte Kommunikations-Plattform ‘Anom’ auf die Spur gekommen sei.
Polizei las jahrelang in Messenger-App mit
Mehr als 12.000 verschlüsselte Geräte seien von mehr als 300 Verbrechersyndikaten in über 100 Ländern benutzt worden. Innerhalb von 18 Monaten seien mehr als 27 Millionen Botschaften versendet worden. Schon vor Jahren habe das FBI die Messenger-App namens Anom entwickelt. Sie sei von den Kriminellen begeistert genutzt worden. Die Polizei habe die Chats daraufhin jahrelang mitgelesen.
Bei den 700 Razzien weltweit wurden den Angaben zufolge mehr als acht Tonnen Kokain, fünf Tonnen Marihuana und zwei Tonnen Amphetamine sichergestellt. Am Einsatz beteiligte Länder waren Australien, Österreich, Kanada, Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Ungarn, Litauen, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Schottland, Schweden, England und die USA. Die Operation wurde unter dem Namen „Trojanischer Schild“/„Greenlight“ geführt, in Australien unter dem Begriff „Ironside“.
Deutschland: 150 Objekte durchsucht und 70 Personen festgenommen
Auch in Deutschland wurde die Operation am Montag und Dienstag durchgeführt. Unter Führung des hessischen Landeskriminalamtes seien mehr als 150 Objekte durchsucht und mehr als 70 Personen festgenommen worden, teilten am Dienstag in einer gemeinsamen Presseerklärung die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, das Bundeskriminalamt, das Hessische Landeskriminalamt und das Zollfahndungsamt Frankfurt mit.
Internationale Einsatzmaßnahmen in 15 Ländern gegen die Organisierte Kriminalität – Gestern konnten deutschlandweit über 150 Objekte durchsucht und mehr als 70 Personen festgenommen werden. Der Schwerpunkt lag dabei in Hessen. #JAD0706 (1/4) pic.twitter.com/yZIkQWpkbG
— Bundeskriminalamt (@bka) June 8, 2021
Die Tatverdächtigen stünden im Verdacht, unerlaubt Handel mit Betäubungsmitteln und Waffen unter Nutzung von verschlüsselten Kommunikationsnetzwerken – sogenannte Kryptonetzwerke – betrieben zu haben.
Der Nordrhein-Westfälische Innenminister, Herbert Reul (CDU), habe sich während einer Pressekonferenz am Dienstag erfreut über die Ermittlungen gegen Clankriminalität in dem Bundesland gezeigt. „Das ist heute ein Schlag gegen die erste Liga der Clankriminalität“, sagte Reul laut der Deutschen Presse-Agentur.
Jetzt live: Das Landeskriminalamt-NRW informiert über die Razzien gegen #Clankriminalität ⤵https://t.co/896jHCwT9V
— WDR aktuell (@WDRaktuell) June 8, 2021
Am Dienstag seien bei einer Großrazzia 31 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsgebäude durchsucht und dabei vier Tatverdächtige festgenommen worden. Ihnen werde bandenmäßiger Betrug, Sozialhilfebetrug und Geldwäsche vorgeworfen. „Mit jedem Einsatz dringen wir tiefer in den kriminellen Sumpf und in die Schattenwelt der Clans ein“, sagte der Minister.
Im Fokus der deutschen Ermittler standen Mitglieder des libanesischen Al-Zein-Clans, berichtete die Bild-Zeitung am Dienstag. Mehrere Personen seien in der Leverkusener Villa des Clan-Chefs Badia Al-Zein festgenommen worden, im Garten habe die Polizei nach im Erdreich vermuteten Geld gegraben. „Der 46-jährige Hauptbeschuldigte ist einer der Top-Leute des Clans. Noch heute werden unsere Mitarbeiter ihn aus dem Grundbuch der Villa austragen und den Staat eintragen. Das Haus wird ihm nicht mehr gehören“, sagte Reul nach Angaben der Zeitung. (hl)