SEGEBERG. Die Grüne Jugend Segeberg hat die Umbenennung des schleswig-holsteinischen Dorfes Negernbötel gefordert. „Der Ortsname N***rnbötel enthält das sehr verletzende und rassistische N-Wort“, lautete ein Kommentar von der Grünen Jugend bei Instagram von Mitte Mai, der mit der Forderung schloß: „N***rnbötel umbenennen!“ Die Bewohner des 1.000-Seelen-Ortes reagierten auf den Vorstoß laut Bild-Zeitung mit Unverständnis.
Die Sprecher der Grünen Jugend Segeberg, Marlene Jakob und Lennart Stahl, räumten gegenüber der Zeitung ein, daß der plattdeutsche Ortsname zwar keinen rassistischen Ursprung habe. Doch Plattdeutsch sei „keine sehr verbreitete Sprache mehr“. Heute würde man den Namen jedoch „mit dem rassistischen, Jahrhunderte zur Unterdrückung von schwarzen Menschen genutzten N-Wort“ assoziieren. Sie schlugen den Negernbötelern vor, ihr Dorf stattdessen „Näherbötel“ zu taufen.
Negernbötel wurde laut Homepage der Gemeinde im 12. Jahrhundert gegründet. Das plattdeutsche Wort „Bötel“ bedeutet Siedlung, „Negern“ steht für näher. Damit wollten die Bewohner verständlich machen, daß die Siedlung Negernbötel näher am Kloster Segeberg lag, als die Siedlung Fehrenbötel. Die war weiter entfernt, was im Plattdeutschen mit dem Begriff „Fehren“ ausgedrückt wird.
Negernbötels Bürgermeister Marco Timme hingegen bewertete die „Diskussion über eine Namensgebung von 1306 als nachrangig“. „Das Thema lenkt von den eigentlichen Aufgaben im Ort ab, die angepackt werden müssen“, sagte er dem Blatt. Die Zeitung ließ weitere Bewohner des Ortes zu Wort kommen, von denen keiner ein Problem mit dem Dorfnamen äußerte.
Grünen Führung äußert sich zurückhaltend
Erst Anfang des Jahres hatte Timme gegenüber den Lübecker Nachrichten zu dem Thema gesagt: „Das ploppt alle Jahre wieder hoch. Bei uns lebt nicht ein Rassist.“ Sie hätten so großen Zuspruch und wen das störe, der könne ja woanders wohnen, hatte der Bürgermeister seinem Ärger Ausdruck verliehen.
Der schleswig-holsteinische Grünen-Chef Robert Habeck wollte sich auf eine Anfrage der Bild-Zeitung zu dem Fall nicht äußern. Der Vorsitzende der Grünen aus Schleswig-Holstein, Steffen Regis, bewertete den Kampf gegen Rassismus zwar als „enorm wichtig“ und auch die „Betrachtung von Sprache könne dabei relevant“ sein. Eine Umbenennung des Ortes stehe für ihn jedoch nicht zur Debatte: „Der Ort Negernbötel hat eine plattdeutsche Namensgebung und es gibt keinen Anlaß, diesem Namen oder gar seinen Einwohnern rassistische Motive zu unterstellen“.
Kubicki: Grüne sind „keine ernstzunehmende Regierungspartei“
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) betrachtete die Grünen laut dem Blatt als „keine ernstzunehmende Regierungspartei“. „Die Grünen beginnen den Bundestagswahlkampf mit kulturimperialistischen Forderungen.“ Wer Menschen, die an einem bestimmten Ort wohnten, zumindest unterschwellig in die rassistische Ecke stelle, der habe alle Maßstäbe verloren. An diesen „wahnsinnigen Forderungen“ zeige sich, daß der grüne Pragmatismus, den Baerbock und Habeck in den vergangenen Jahren demonstrieren wollten, nur vorgespielt sei.
Die Grüne Jugend stand erst Mitte Mai wegen eines Werbeplakates für ihren Frühjahrskongreß in der Kritik. Dafür hatten Freiburger Mitglieder zwei Illustrationen des „Gesamtsowjetischen Leninschen Kommunistischen Jugendverbands – Komsomol“ benutzt. Die Grüne Jugend hatte daraufhin eingeräumt, man habe es bei der Auswahl der Ästhetik an der nötigen Sensibilität vermissen lassen. (hl)