BERLIN. Die Frauenrechtlerin und Islamkritikerin Seyran Ates hat nach der Ermordung einer Afghanin durch deren Brüder gewarnt, solche Gewalttaten seien nur das Ende einer Spirale. „Bevor es zu einem Ehrenmord kommt, passieren viele andere Dinge. Es gibt arrangierte Ehen und Zwangsverheiratungen, häusliche Gewalt“, sagte sie dem RBB Inforadio.
Wenn sich Mädchen und Frauen nicht an die aufgestellten Regeln hielten, könne es am Ende zu einem Ehrenmord kommen. Auf diese Problematik in Migrantenfamilien hätten Frauenorganisationen schon seit den achtziger Jahren hingewiesen.
Ates betonte: „Aus urdeutschen Familien hören wir nicht, daß sich Brüder zusammentun und die Schwester töten, weil sie zu westlich lebt.“ Demgegenüber gebe es Migranten, „die nicht akzeptieren, daß hier in Deutschland auch Frauen das Recht haben, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen“.
Einwanderer hätten anderen Ehrbegriff
Sie widersprach Politikern, die die Tat nicht als Ehrenmord bezeichnen wollten. Es sei ein „Armutszeugnis der Politik“, wenn die Berliner Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) sich weigere, den Begriff zu verwenden und behaupte, sie wisse nicht, wie man Männer besser integrieren könne. Angesichts der Debatte um den Begriff wäre schon viel gewonnen, wenn akzeptiert würde, daß es dieses Phänomen gebe. Dabei müsse auch der Ehrbegriff der Einwanderer verstanden werden, denn dieser unterscheide sich sehr vom europäischen.
Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt hatten am Freitag bekanntgegeben, daß zwei 22 und 25 Jahre alte afghanische Brüder festgenommen wurden, die im Verdacht stehen, ihre 34jährige Schwester in Berlin ermordet zu haben. Demnach wurde die Mutter zweier Kinder bereits Mitte Juni getötet und ihre Leiche in einem Koffer per Bahn zum bayerischen Wohnort des 25 Jahre alten Tatverdächtigen gebracht.
Breitenbach wollte die Tat nicht als Ehrenmord einordnen. Sie sprach hingegen von Femizid und verglich die Tötung mit anderen Beziehungstaten. (ag)