BERLIN. Verschiedene Spitzenpolitiker aus CDU und CSU haben Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) für das schlechte Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl verantwortlich gemacht. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident, Daniel Günther (CDU), kritisierte den Bundesparteivorsitzenden für dessen Wahlkampfleistung. „Niemand kann wirklich ernsthaft vertreten, daß Armin Laschet für uns ein Zugpferd gewesen ist“, sagte Günther laut der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Kiel. Trotzdem sei die Entscheidung, Laschet als Kanzlerkandidaten aufzustellen, richtig gewesen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte für seine Partei eine personelle Erneuerung. In einem Interview mit der Rheinischen Post sprach er am Dienstag von einer „krachenden Niederlage“, die die Union erlitten habe. Nun müsse man auf die Bürger hören. Eine mögliche Regierungsführung schloß der 63jährige trotzdem nicht aus: „Wir werden uns Gesprächen nicht verweigern. Es gibt mehrere mögliche Regierungskonstellationen. Deshalb wäre es falsch, etwas auszuschließen.“
Mehrheit der Unionsanhänger für Laschet-Rücktritt
Als die Union im vergangenen Jahr ihren Kanzlerkandidaten bestimmt hatte, sprach sich Altmaier für CSU-Chef Markus Söder aus. Die Nominierung Laschets bezeichnete er nun indirekt als Fehler: „Ich habe meine Position damals deutlich gemacht. Sowohl im Bundesvorstand als auch gegenüber Armin Laschet. Es ist nicht schön, wenn man am Ende sieht, daß die eigenen Befürchtungen von der Realität noch übertroffen wurden.“
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts Civey im Auftrag der Funke-Mediengruppe vom Montag sprach sich eine klare Mehrheit der befragten Unionsanhänger für den Rücktritt Laschets als Parteivorsitzenden aus. Demnach beantworteten 51 Prozent der Umfrageteilnehmer die Frage „Sollte Armin Laschet ihrer Meinung nach aufgrund des Bundestagswahlergebnisses der Union als Parteivorsitzender der CDU zurücktreten?“ mit „ja“ oder „eher ja“. Parteienübergreifend lag der Wert mit 70 Prozent noch höher. 19 Prozent antworteten mit „eher nein“ oder „auf keinen Fall“.
„Ich hatte beim Zuschauen körperliche Schmerzen“
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im rheinland-pfälzischen Landtag, Ellen Demuth, erneuerte am Montag abend unterdessen in der ARD-Sendung „Hart aber Fair“ ihre Kritik an Laschet. Dieser hatte zuvor bei einer Pressekonferenz den Regierungsanspruch der Union untermauert. „Ich hatte beim Zuschauen körperliche Schmerzen. Es ist ihm offenbar egal. Er ist abgewählt worden. Sich dann so hinzustellen – so pampig und motzig – das ist ein Schlag ins Gesicht“, kommentierte Demuth.
Laschets Auftreten sei ignorant und empathielos gegenüber den Vielen, die zwar toll gekämpft, aber wegen ihm ihr Mandat verloren hätten. Nur wenige Stunden zuvor hatte die Christdemokratin in einem Tweet seinen Rücktritt gefordert.
Noch mehr Gegenwind gab es für Laschet aus dem Süden des Landes. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) ließ in der Rheinischen Post kein gutes Haar an dem Aachener. Dieser habe selbst in seinem eigenen Bundesland Nordrhein-Westfalen schlechte Ergebnisse eingefahren. „Da ist kein Heimvorteil erkennbar, das ist schon ein ziemliches Desaster“, unterstrich Füracker. Seine Partei hingegen treffe keine Schuld. Die Union verlor nach der Wahl 49 Mandate, die CSU nur eines.
Die beiden Unionsparteien haben bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag 24,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Damit haben sie im Vergleich zur vorhergegangenen Bundestagswahl 8,9 Prozentpunkte verloren. Die SPD konnte mit 25,7 Prozent der Stimmen den Wahlsieg für sich deklarieren. Seitdem herrscht in der Union ein parteiinterner Streit um die Verantwortung für das Wahlergebnis. (fw/es)