Grünen-Chefin Annalena Baerbock sieht sich derzeit mit massiver Kritik konfrontiert, da sie in ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ fremde Textpassagen ohne Quellenangaben übernommen und somit als vermeintlich eigene Formulieren ausgegeben hat.
Diese Arbeitsweise scheint bei der Grünen-Spitzenkandidatin Methode zu haben, wie ein neuer Fund der JUNGEN FREIHEIT zeigt. So bediente sie sich bereits in der Vergangenheit textlich bei anderen Autoren, ohne dies kenntlich zu machen. Auf der Seite der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung steht ein Aufsatz Baerbocks vom 5. Oktober 2009. Darin geht es um das zweite Referendum Irlands zum EU-Reformvertrag von Lissabon. Baerbock erläutert in ihrem Text, warum die Iren im ersten Referendum den Vertrag noch ablehnten, im zweiten Gang dann aber doch zustimmten. Wörtlich heißt es bei ihr:
„Zwar ließ sich Premierminister Brian Cowen beim EU-Gipfel im Juni eine Erklärung absegnen, mit der die größten Bedenken der irischen Wähler ausgeräumt werden sollten. So stellte der Europäische Rat klar, dass das irische Abtreibungsrecht durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ebenso unangetastet bleibt wie die Steuerhoheit und die traditionelle Politik der militärischen Neutralität. Außerdem darf auch weiterhin jeder Mitgliedstaat einen eigenen EU-Kommissar nominieren.“
Der Text enthält keinerlei Fußnoten oder Quellenangaben. Das ist bezeichnend. Denn die Passage findet sich nahezu wortgleich in einem Artikel der Bertelsmann-Stiftung. Geschrieben hat ihn Dominik Hierlemann und zwar zeitlich vor Baerbock in der Septemberausgabe von spotlight europe. Bei ihm heißt es:
„Beim EU-Gipfel am 18./19. Juni 2009 ließ sich Premierminister Brian Cowen eine Erklärung absegnen, mit der die größten Bedenken der irischen Wähler ausgeräumt werden sollen. Der Europäische Rat stellt klar, dass das irische Abtreibungsrecht durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ebenso unangetastet bleibt wie die Steuerhoheit und die traditionelle Politik der militärischen Neutralität. Außerdem darf auch weiterhin jeder Mitgliedstaat einen eigenen EU-Kommissar nominieren.“
Baerbock verfügte, als sie den Text für die Heinrich-Böll-Stiftung verfaßte, bereits über einen akademischen Abschluß und war Doktorandin für eine völkerrechtliche Arbeit an der Freien Universität Berlin. Eigentlich müßte sie damit gewußt haben, daß die Übernahme fremder Gedanken und Formulierungen in eigenen Texten durch Quellenangaben oder Zitate kenntlich gemacht werden.
Für Plagiatsjäger Weber ist der Fall eindeutig
In ihrem aktuellen Buch dankt die Grünen-Vorsitzende ihrer Lektorin und gesteht, daß bei dem Projekt „mit der Entscheidung der Kanzlerkandidatur im April plötzlich alles ganz schnell gehen mußte“. Offenbar stand sie 2009 in ihrer Zeit bei der Heinrich-Böll-Stiftung schon unter größerem Zeitdruck.
Der österreichische Plagiatsjäger Stefan Weber, der schon länger Baerbocks Arbeitsweise und ihren Lebenslauf kritisch prüft, beurteilt den Fund der JF eindeutig. Dieser sei „bezeichnend“ und „ganz klar ein Plagiat“, sagte er auf Anfrage der JF. „Damit ist jetzt erstmals nachgewiesen, daß diese Vorgehensweise bei Frau Baerbock offenbar seit vielen Jahren Methode hat. Sie ist eine Angehörige der Copy&Paste-Generation, deren Arbeitsweise ich seit 20 Jahren kritisiere.“
In Baerbocks Text findet sich noch eine weitere Formulierung, die starke Ähnlichkeit mit einem Spiegel-Artikel hat.
Bei Baerbock steht:
„Der Vorsitzende der britischen europaskeptischen Konservativen, David Cameron, hat Klaus in einem Brief gebeten, seine Unterschrift noch bis zur britischen Unterhauswahl im Mai/Juni 2010 zu verweigern.“
Nur zwei Tage zuvor hatte Carsten Volkery zur Abstimmung der Iren im Spiegel geschrieben:
„Der Vorsitzende der britischen Konservativen, David Cameron, hat den Tschechen Klaus in einem Brief gebeten, seine Unterschrift noch bis zur britischen Unterhauswahl im Frühjahr 2010 zu verweigern.“
Ein fast schon amüsantes Detail findet sich unter Baerbocks Text für die Heinrich-Böll-Stiftung vom Oktober 2009. Dort heißt es: „Dieser Beitrag steht unter folgender Urheberrechtslizenz: Alle Rechte vorbehalten.“