BERLIN. Mehr als 9.000 Asylbewerber haben gegen eine Abschiebe-Sonderregelung in der Corona-Krise geklagt. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Die Bestimmung ermöglicht es der Bundesregierung, Migranten länger in ihre EU-Ankunftsländer zurückzuschicken.
Deutschland hatte damit im März die „Dublin-Überstellung“ ausgesetzt und erst Mitte Juni wieder aufgenommen. Die Verordnung regelt, welches Land für die Asylanträge der Betroffenen zuständig ist. Meist ist es der Staat, in welchem die Person erstmals europäischen Boden betreten hat. Die Abschiebung muß binnen sechs Monaten erfolgen, sonst muß sich das Land selbst um den Asylantrag kümmern.
Grüne nennt Sonderregelung „bürokratischen Irrsinn“
Damit hatte Deutschland die Vorgabe der EU-Kommission im April übergangen, gemäß der die Sechs-Monats-Frist auch während der Pandemie gelte. Andernfalls wäre die Zuständigkeit für 2.600 Asylverfahren an Deutschland hängen geblieben.
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg, verurteilte die Sonderregelung als „unsolidarisch“. Deutschland torpediere die Zusammenarbeit mit der EU.
„Diese Menschen müssen jetzt gerichtlich gegen ihre Überstellungen vorgehen – ein bürokratischer Irrsinn“, klagte Amtsberg. Sie forderte zudem, keine Flüchtlinge nach Italien zurückzuschicken, weil das Land stark von der Pandemie betroffen sei. (zit)