BERLIN. Das Landeskriminalamt (LKA) Berlin rechnet anläßlich der geplanten Proteste gegen das Infektionsschutzgesetz am Mittwoch mit Angriffen auf den Bundestag. Dies habe die Bundestagspolizei am Dienstag den Abgeordneten mitgeteilt, berichtet die Welt. Das LKA geht demnach von „Teilnehmerzahlen im oberen vierstelligen Bereich, maximal im untersten fünfstelligen Bereich“ aus.
Am Dienstag vormittag waren die Postfächer mehrerer Bundestagsabgeordneter mit Tausenden E-Mails geflutet worden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gab an, allein sein Büro habe 37.000 Mails erhalten. Größtenteils handle es sich um Nachrichten mit identischen Textstellen. Es gebe auch Anrufe in Abgeordnetenbüros, bei denen ersichtlich sei, daß Bürger Falschinformationen aufgesessen seien.
Zwölf Demonstrationen in befriedetem Bezirk untersagt
Dobrindt sprach laut der Nachrichtenagentur dpa von einem „brutalen Mißbrauch von politischer Debatte in den Netzen mit der Nutzung von bewußter Falschinformation“. Ziel der Urheber sei es, die Gesellschaft zu polarisieren.
Bundestag und Bundesrat wollen am Mittwoch Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschließen. Kernpunkte sind Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Schließungen von Geschäften und Verbote von Veranstaltungen sowie Kontrollen an Grenzen.
In Berlin sind mehrere Demonstrationen von sogenannten Querdenkern und Gegnern der Corona-Maßnahmen sowie Gegendemonstranten angemeldet. Einige Kritiker des neuen Infektionsschutzgesetzes sprechen von einem „Ermächtigungsgesetz“ und warnen vor einer Aushöhlung von Demokratie und Grundgesetz. Das Bundesinnenministerium hat unter Berufung auf das Gesetz über befriedete Bezirke zwölf Anträge für Kundgebung abgelehnt. Begründet wurde dies mit einer drohenden Beeinträchtigung der Arbeit des Parlaments. Die Entscheidung sei im Einvernehmen mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und dem Bundesrat erfolgt, teilte das Innenministerium am Dienstag nachmittag mit.
Unionsfraktion verschickt Argumentationshilfen an Abgeordnete
Die Führung der Unionsfraktion im Bundestag verschickte am Dienstag einen Brief an die Abgeordneten von CDU und CSU. „Wir möchten die Kritik auch mit diesem Schreiben so gut wie möglich entkräften und durch Information und Kommunikation bestmögliche Akzeptanz der Schutzmaßnahmen und auch unseres Handelns als Parlamentarier erreichen“, heißt es in dem Papier, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt.
Die Regierung wolle mit der Gesetzesänderung die Rechtsgrundlagen für die aus ihrer Sicht erforderlichen Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie konkretisieren. Überdies würden Kriterien definiert, wann es sich um „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ handle.
Konkret werden in dem Papier auch einzelne Kritikpunkte aufgeführt und erwidert. Eine davon laute: „Falls der Bundestag diesem Gesetz zustimmt, gibt er seine Mitsprachemöglichkeiten und die der Landtage dauerhaft auf.“ Die Unionsfraktion empfiehlt, dies klar zu verneinen.
Denn der Bundestag könne Befugnisse, die er durch ein Gesetz der Bundesregierung und den Landesregierungen gewähre, jederzeit zurückziehen. Die neuen Regelungen würden nur dann gelten, wenn es eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ gebe. Diese sei seit dem 25. März der Fall. Der Bundestag bleibe in seiner Entscheidung aber jederzeit frei, ob er diese Lage beibehalte oder nicht.
„Wollen keine Impfpflicht“
Der Bundesregierung war in den vergangenen Wochen immer wieder vorgeworfen worden, ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie seien gesetzlich nicht vollständig legitimiert. Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz soll dies geändert werden.
Auch werde es keine obligatorische Impfung geben. „Die Bundesregierung und auch wir als Unionsfraktion wollen keine Impfpflicht. Davon war und ist keine Rede. Es wird auch mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz keine Impfpflicht geben.“ Die neue Regelung schaffe lediglich die Voraussetzung, damit der Impfstoff all jenen, die sich impfen lassen wollen, schnellstmöglich zur Verfügung stehe.
„Entgegen einiger falscher Behauptungen, daß eine Impfdokumentation bei der Einreise notwendig ist, möchten wir hier ganz klar festhalten: Keiner Bürgerin und keinem Bürger wird die Einreise nach Deutschland verweigert, weil keine Impfung gegen das Coronavirus vorliegt.“ Allerdings könnten Einreisende aus Risikogebieten aufgefordert werden, eine Impfdokumentation vorzulegen, um eine Quarantäne zu vermeiden. „Die Quarantäne kann mit der Impfung also umgangen werden.“ (ls)