In den vergangenen Jahren tauchte der Name Graue Wölfe immer wieder in deutschen Medien auf, wenn es um gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Türken und Kurden ging. Hinter den Bozkurtlar, wie die Grauen Wölfe auf Türkisch heißen, verbergen sich eine ganze Reihe von Vereinen oder ähnlicher Organisationen.
Die Bundesregierung will nun ein Verbot der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Organisation prüfen. Am Mittwoch wurde ein entsprechender Antrag von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP angenommen. Zuerst gefordert hatte eine solche Maßnahme jedoch die AfD. Bereits Anfang November hatte in Frankreich Innenminister Gérald Darmanin (En Marche) ein Verbot angekündigt. Das geschah vor dem Hintergrund des Erstarkens der Gruppe. So waren Ende Oktober etwa hundert Mitglieder der Grauen Wölfe durch Lyon gezogen und hatten gedroht, Armenier zu töten. Ähnliche Vorfälle hatte es in der Vergangenheit auch in Österreich gegeben.
So tragen die selbsterklärten Idealisten, auf Türkisch Ülkücüler, Konflikte ihres Heimatlandes auch im Ausland aus. Dort gelten sie zudem nicht ohne Grund als fünfte Kolonne des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyipp Erdogan. Daß solche Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigte sich beim Nato-Gipfel 2018. Damals war auch ein führendes Mitglied der Grauen Wölfe in Europa Mitglied der türkischen Delegation.
Graue Wölfe sind größte rechtsextreme Organisation in Deutschland
Als politischer Arm der Bozkurtlar in ihrem Heimatland gilt die Partei MHP. Sie beendete 2016 ihre Rivalität mit der AKP von Erdogan und ist sei 2018 praktisch sein Koalitionspartner.
Die Grauen Wölfe sind Anhänger eines Panturkismus, dessen Ziel ein Großreich aller Turkvölker ist, das vom Balkan bis nach China hineinreichen soll. Die Wahl des Wolfes als Wappentier ist angelehnt an die mythische Wölfin Asena, die Teil der Abstammungslegende der Türken ist. Populär wurde diese Erzählung gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als türkische Nationalisten sie aufgriffen.
Allein in Deutschland gibt es laut Bundeszentrale für politische Bildung 303 Vereine mit über 18.500 Mitgliedern, die den Grauen Wölfen zugerechnet werden. Damit sind die türkischen Nationalisten im Übrigen die größte rechtsextreme Organisation hierzulande.
Papst-Attentäter war Mitglied der Grauen Wölfe
Ihren Ursprung als Organisation nahmen die Grauen Wölfe vor rund 60 Jahren in ihrem Heimatland. Dort gründeten sie Ausbildungslager und gingen schon wenige Jahre später mit Gewalt gegen Linke und religiöse sowie ethnische Minderheiten vor. Laut einheimischer Behörden gehen allein zwischen 1974 und 1980 knapp 700 Morde auf das Konto der Grauen Wölfe. Sie sind auch für die dortigen Pogrome gegen Aleviten verantwortlich, bei denen 1978 und 1980 Hunderte starben.
Mit dem Anschlag auf Papst Johannes Paul II. 1981 durch Ali Agca, der Mitglied der Organisation war, zeigte sich, daß die Extremisten ihre Gewalt exportieren. Der Bombenanschlag auf einen Frauenladen in Berlin-Kreuzberg soll ebenfalls auf das Konto der Ülkücüler gehen. Dabei wurde die damalige Jura-Studentin und spätere Islamkritikerin Seyran Ates lebensgefährlich verletzt.
Die Grauen Wölfe stehen zudem im Verdacht, die moslemischen Uiguren in China zu unterstützen. Die moslemische Volksgruppe will in Fernost ein Ost-Turkestan errichten. Dagegen geht die Volksrepublik jedoch energisch vor.
Reicht es für ein Verbot der Grauen Wölfe?
Die Auswahl der Ziele ihrer Gewalttaten zeigt bereits, wen die Grauen Wölfe als ihre Feinde betrachten. Neben den Minderheiten ihres Landes wie Aleviten, Kurden, Armenier richtet sich ihre Aggression gegen Christen, Juden, Griechen, die EU, den Vatikan, Israel und die USA.
2015 äußerte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Links-Partei: „Der Ideologie der Ülkücü-Bewegung liegt eine Überhöhung der türkischen Ethnie, Sprache, Kultur und Nation zugrunde. Besonders ethnische Minderheiten in der Türkei werden als spaltende Kraft der Einheit der Türkei gesehen und deshalb abgelehnt. Diese Überhöhung der eigenen Ethnie bei gleichzeitiger Herabsetzung anderer Ethnien widerspricht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.“
Sollte diese Einschätzung nicht für ein Verbot reichen?