BERLIN. Die Unterrichtsforscherin Felicitas Thiel hat vor Mißständen in der Berliner Schulpolitik gewarnt. Kaum ein Bundesland schneide im Landesvergleich so schlecht ab. Dabei gebe Berlin am zweitmeisten Geld pro Schüler aus. Das größte Problem sei „die zu hohe Zahl leistungsschwacher Kinder und Jugendlicher“, sagte Thiel der Zeit.
Thiel hatte als Mitglied einer vom Land Berlin beauftragten Qualitätskommission zuletzt die Lernqualität an Schulen geprüft. 28 Prozent der Grundschüler erreichten die Mindeststandards in Mathematik nicht, 30 Prozent der Neuntklässler verfehlten die Anforderungen beim Lesen, schilderte Thiel die Ergebnisse.
Am schwersten hätten es Kinder, deren Eltern im Ausland geboren seien. Dennoch sei diese Schülergruppe in Hamburg den entsprechenden Berlinern im Lesen 28 Punkte voraus. Das entspreche dem Lernfortschritt eines halben Jahres.
Berlin hat „gravierendes Steuerungsproblem“
Grund für den Rückstand sei ein „gravierendes Steuerungsproblem“ und ein mangelhafter Fokus auf die wahren Probleme. „Die Fortbildung der Lehrer ist zudem zu unsystematisch, es mangelt dem Schulsystem an einem effektiven Controlling, parallele Strukturen hemmen sich zum Teil gegenseitig“, führt Thiel aus.
Die Aufgabe der Bildungspolitik sei es ihrer Ansicht nach nun, leistungsschwachen Schülern besser gerecht zu werden. Die „Risikogruppe“ müsse sich „drastisch reduzieren“. Sie empfehle dem Land, sich konkrete Ziele zu stecken. (zit)