DARMSTADT. Der Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“ ist zum Unwort des Jahres gewählt worden. Dabei handelt es sich um eine Wortschöpfung des CSU-Landesgruppenchefs im Bundestag, Alexander Dobrindt. Er hatte im Mai beklagt, in Deutschland sei eine „aggressive Anti-Abschiebe-Industrie“ am Werk, die alle rechtlichen Mittel ausschöpfe, um Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu verhindern.
Für die Jury ist der Ausdruck dagegen ein Beleg, „wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie in bedenklicher Weise verändern“. Die Formulierung sei ein „offensichtlicher Kampfbegriff“.
Die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich von der TU Darmstadt ist Sprecherin des Gremiums, das aus Publikumseinsendungen seit 1991 das Unwort des Jahres kürt. Der Begriff muß nach den Maßstäben der Jury gegen die Menschenwürde oder die Demokratie gerichtet sein. Im vergangenen Jahr fiel die Wahl auf den Begriff „Alternative Fakten“, im Jahr zuvor war es das Wort „Volksverräter“. (tb)