BERLIN. Der Umgang mit der Migrationsfrage entscheidet nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den Fortbestand der Europäischen Union (EU). Deshalb brauche es solidarische, rechtlich gesicherte und realistische Antworten, die die Menschen nicht überforderten, warnte Merkel in der Generaldebatte zum Bundeshaushalt im Bundestag am Mittwoch. Deswegen seien seit 2015 eine Reihe von Maßnahmen ergriffen worden, die dazu geführt hätten, daß mittlerweile 95 Prozent weniger Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerrote kämen.
Dennoch müsse der Schutz der EU-Außengrenzen ausgebaut werden. Hierbei werde Deutschland seinen Teil leisten. Gleiches gelte bei der Unterstützung der Transitstaaten wie beispielsweise Libyen. Merkel mahnte, wenn die EU dort die lybische Küstenwache aufbaue und ausbilde, und diese dadurch besser vor Ort agieren könne, dann müsse das internationale Recht auch eingehalten werden. „Und zwar von allen, die dort im Seegebiet operieren. Und das gilt eben auch für die Nichtregierungsorganisationen.“
Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel
Die Regierungskoalition verstehe es deshalb als ihren Auftrag, die Einwanderung wieder in geregeltere Bahnen zu lenken: „Es muß mehr Ordnung in alle Arten der Migration kommen, damit Menschen den Eindruck haben, Recht und Ordnung werden durchgesetzt.“
Als Oppositionsführer ergriff nach Merkels Rede die AfD das Wort. Fraktionschefin Alice Weidel warf Merkel vor, sie verschleudere mit ihrer Politik den Wohlstand Deutschlands – „als gebe es kein Morgen mehr“. Als Beispiel nannte Weidel die Energiewende, die außer Milliardenkosten nichts gebracht habe. Zudem warf sie Merkel vor, mit ihrer „Mobilitätswende“ und der Unterstützung für Elektroautos, einen „Krieg“ gegen die heimische Automobilindustrie sowie deren Zulieferer zu führen.
Rede von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel
Scharfe Kritik äußerte Weidel auch an der Asylpolitik der Bundesregierung. Diese setze seit 2015 einseitig geltendes Recht außer Kraft. Deutschland werde daher von einer wachsenden Zahl seiner Nachbarn im Norden, Osten, Süden und Westen als „Narrenhaus“ wahrgenommen. „Und im Kanzleramt ist die Zentrale.“
Vom EU-Gipfel habe Merkel nur ein Bündel an „vagen Absichtserklärungen und Allgemeinplätzen“ mitgebracht, in Wahrheit stehe sie aber mit leeren Händen da. „Deutschland ist unter Ihrer Regierung vom Motor und Stabilitätsanker zum Chaosfaktor geworden.“ Um noch etwas länger auf dem Sessel der Regierungschefin sitzen zu können, spalte Merkel mit ihrer Politik, Deutschland, Europa und am Ende sogar ihre eigene Partei. „Machen Sie dem Trauerspiel ein Ende und treten Sie bitte ab“, forderte Weidel.
Rede von FDP-Fraktionschef Christian Lindner
Auch die FDP attackierte die Kanzlerin. Parteichef Christian Lindner hielt Merkel vor, ihre Asylpolitik überlagere seit 2015 alle anderen politischen Themen. Notwendige Entscheidungen würden daher nicht oder nur verzögert getroffen. Das Grundlegende Problem der Asylkrise sei aber immer noch nicht nachvollziehbar und befriedigend gelöst worden. „Wir haben mal gesagt: ‘Besser nicht regieren als falsch.’ Wir haben uns nicht vorstellen können, daß beides gleichzeitig geht“, betonte Lindner (krk)