HAMBURG. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat Ermittlungen gegen den Chefredakteur der Zeit, Giovanni di Lorenzo, wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Wahlgesetz eingeleitet. Es wurde eine Online-Anzeige wegen Wahlbetrugs gestellt. „Wir prüfen den Sachverhalt“, sagte eine Sprecherin dem Hamburger Abendblatt. Di Lorenzo, der sowohl einen deutschen als auch einen italienischen Paß besitzt, hatte sich während eines Fernsehauftrittes in der ARD am Sonntag damit gebrüstet, gleich zweimal gewählt zu haben.
Er habe „einmal gestern im italienischen Konsulat und einmal heute in einer Hamburger Grundschule“ gewählt, erzählte di Lorenzo bei seinem Auftritt in einer Talkshow mit Fernsehmoderator Günther Jauch. „Ich darf das, weil ich zwei Pässe habe.“ Tatsächlich besitzt jeder Bürger der Europäischen Union aber nur eine Stimme. Werden ihm bei doppelter Staatsbürgerschaft von zwei EU-Staaten Wahlunterlagen zugestellt, darf er sie dennoch nur für ein Land in Anspruch nehmen.
Nur Schäuble fiel der Rechtsbruch auf
„Das Wahlrecht darf nur einmal und persönlich ausgeübt werden“, heißt es in Paragraph 6, Absatz 2 des Europawahlgesetzes. „Das gilt auch für Wahlberechtigte, die zugleich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Europäischen Parlament wahlberechtigt sind.“ Neben di Lorenzo waren noch der SPD-Politiker Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh anwesend.
Während Steinbrück witzelte, er hätte dann gerne vier Staatsbürgerschaften, fiel alleine Schäuble der Rechtsbruch auf. Dennoch lobte er di Lorenzos Engagement. „Ich gönne es ihnen ja, ich freue mich, daß sie so eifrig sind.“ Doch man müsse eine andere Regelung finden. Sonst bestünde künftig die Gefahr, daß das Bundesverfassungsgericht das EU-Parlament als nicht richtig gewählt betrachte. „Das ist eine Sache, die mich am meisten ärgert.“
Bereits im Vorfeld hatte der Bundeswahlleiter gewarnt, daß bei mehrfacher EU-Staatsbürgerschaft Verstöße gegen das Wahlgesetz nicht überprüft werden können. Di Lorenzo hat sich inzwischen für seine Doppelwahl entschuldigt. „Mir war nicht bewußt, daß man bei der Europawahl nicht in zwei Ländern abstimmen darf. Hätte ich es gewußt, hätte ich es nicht getan und natürlich auch nicht in der Sendung von Günther Jauch erzählt“, sagte er gegenüber der Bild. „Mir tut das aufrichtig leid.“ (FA)