BERLIN. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist offenbar vom amerikanischen Geheimdienst NSA abgehört worden. Demnach habe die NSA Schröder spätestens seit 2002 unter der Nummer 388 in ihrer Kartei, der sogenannten „National Sigint Requirement List“, geführt, berichten NDR und Süddeutsche Zeitung.
Grund dafür sei die Furcht der Amerikaner vor einem Bruch der NATO im Zuge des damals bevorstehenden Irak-Kriegs gewesen. Schröder erklärte dazu, er habe sich vor Bekanntwerden der NSA-Affäre das Ausmaß der Überwachung nicht vorstellen können. „Damals wäre ich nicht auf die Idee gekommen, von amerikanischen Diensten abgehört zu werden; jetzt überrascht mich das nicht mehr“, sagte er.
Ströbele bestätigt Recherchen
Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele bestätigt die Information. „Der Grund dafür scheint ja gewesen zu sein, daß die US-Seite sich informieren wollte über die Position Deutschlands zum Irak-Krieg und insbesondere über Aktivitäten Deutschlands zur Verhinderung eines UNO-Beschlusses“, teilte er mit.
Auch ein Dokument des Geheimnisverräters Edward Snowden, der derzeit im Exil in Moskau lebt, bestätigt den Bericht. Wie NDR und Süddeutsche Zeitung von NSA-Insidern erfahren haben, belege das Dokument, daß die Abhöraktion 2002 begonnen habe. Anders als bisher angenommen wurde zu diesem Zeitpunkt somit nicht in erster Linie die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel (CDU) sondern vor allem Bundeskanzler überwacht. Ströbele hatte Snowden im Oktober in Moskau getroffen. (tb)