WIESBADEN. Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu, hat zu einem entschlosseneren Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen. „Es darf keine vierte Welle des Rechtsextremismus in Deutschland geben“, forderte er nach einem Bericht des Tagesspiegels auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamts in Wiesbaden.
Zugleich mahnte Karslioglu eine vollständige Aufklärung der mutmaßlich von der Zwickauer Terrorzelle begangenen Mordserie an. Erst nach einer Verurteilung der Tatverdächtigen und ihrer mutmaßlichen Helfer würden sich Türken in Deutschland wieder sicher fühlen. Das Vertrauen in den deutschen Staat sei bei seinen Landsleuten erschüttert.
Die Türken seien entsetzt, daß nach 50 Jahren des Zusammenlebens „der Haß auf Nicht-Deutsche eine solche, unbegreifliche Dimension angenommen habe“. Es erscheine den Türken „schier unbegreiflich, daß sie gehaßt werden, weil sie Türken sind.“
Rechtsextreme Gewalt hat Trauma hinterlassen
In diesem Zusammenhang sprach sich der Diplomat auch für eine kultursensiblere Sprache in der Gesellschaft aus, „die vereint und nicht trennt“. Die Entscheidungsträger in Staat und Gesellschaft müßten bedenken, daß unbedachte Äußerungen über Einwanderer „von gewaltbereiten Randgruppen mißbraucht werden können“. Von der Bevölkerung verlangte Karslioglu, rechtsextreme Gewalttaten ernster zu nehmen.
Während die beiden ersten Phasen rechtsextremer Gewalt in den Achtziger und Neunziger Jahren im kollektiven Gedächtnis der Türken ein tiefes Trauma hinterlassen hätten, sei der lebensbedrohliche Haß damals von vielen Deutschen als Einzeltaten abgetan worden, ohne dessen volle Dimension zu erkennen. (tb)