Die Zielsetzung ist ehrgeizig: „400.000 Stimmen? Das ist machbar“, sagt Amin Thomas Bongartz, der Generalsekretär der Migrantenpartei „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG), die sich am 9. Mai bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen erstmals dem Wählervotum stellen wird.
Wie Generalsekretär Bongartz sieht auch der Parteivorsitzende Haruk Yildiz das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde nicht als illusorisch an. Zwar vermelden die Demoskopen übereinstimmend noch keine meßbare Zustimmung für die Einwanderer-Truppe, doch Yildiz will bemerkt haben, „daß der Zuspruch für unsere Themen enorm ist“.
Vorläufer der BIG waren drei regionalen Wählervereinigungen, von denen das Bündnis für Frieden & Fairneß, das sich nach eigenen Angaben nur aus Muslimen zusammensetzt, bei der Kommunalwahl 2009 zwei Plätze im Bonner Stadtrat erringen konnte. Gleiches gelang der ähnlich strukturierten Bürgerinitiative Gelsenkirchen, die ebenfalls zwei Abgeordnete in das Stadtparlament entsenden konnte. Ein Erfolg, der einem Kölner Ableger in der größten Stadt Nordrhein-Westfalens freilich verwehrt blieb.
Zuwanderer sollten kulturelle Identität ausleben dürfen
Politisch ist die neue Truppe schwierig einzuordnen. Einerseits behaupten die Protagonisten gebetsmühlenartig, daß die Situation der Migranten in der Bundesrepublik unbefriedigend sei, andererseits fordern sie, das Grundgesetz zu achten, und distanzieren sich von islamistischen Bestrebungen.
In der Bildungspolitik vertritt BIG Postionen, die am ehesten als linksliberal einzuordnen sind. „Die Basis für ein erfolgreiches Leben in Deutschland ist eine vernünftige Schulbildung und Ausbildung für alle Kinder und Jugendlichen“, heißt es im Parteiprogramm. Diese könne nur erreicht werden, wenn das Schulsystem umstrukturiert würde und die Verteilung der Schüler auf verschiedene Schulformen erst später erfolge. Das „Abschieben von Problemkindern in Hauptschulen“, so das Manifest, sei keine Lösung. >>
Diese Ansichten sind in etwa deckungsgleich mit den Reformen, die Bildungspolitiker derzeit im Saarland und in Hamburg planen. Bemerkenswert ist die Forderung, Zuwanderer sollten ihre kulturelle Identität in der Bundesrepublik ausleben dürfen, und daß dieses Anliegen auch in den Lehrplänen berücksichtigt werden müsse. Ganz und gar nicht „links“ ist dagegen die Forderung nach Hochschulgebühren. „Für Bedürftige gibt es ja Stipendien“, sagt Generalsekretär Bongartz.
Auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik gibt sich die neue Partei zurückhaltend und übt sich in Allgemeinplätzen. Gefordert wird „eine wirtschaftsethische Regelung des Finanzmarktes, um die schrankenlose Selbstbedienungsmentalität und die unverantwortliche Risikobereitschaft zu unterbinden“. Interessant sind die Positionen, die die Partei in der Innen- und Gesellschaftspolitik verfolgt.
„Familie ist der Zusammenschluß von Frau und Mann“
Der Parteivorsitzende Yildiz, ein Unternehmensberater mit doppeltem Hochschulabschluß, sieht sich gerne als Mann der harten Hand und fordert schärfere Gesetze und ihre konsequente Umsetzung. „Deutschland muß noch sicherer werden“, sagt Yildiz. Klassische konservative Positionen vertritt seine Partei in der Familienpolitik. „Die Familie ist der Zusammenschluß von Frau und Mann.“
Die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften wird abgelehnt. BIG fordert die Unterstützung von Familien und etwa eine vom Staat zu gewährleistende bedarfsdeckende Versorgung und Betreuung der Kinder.
Zwar distanziert sich die Einwanderer-Partei von religiös verwurzelten Ideologien, ein Blick auf ihre Liste wirft allerdings Fragen auf. Die Kandidaten zur Landtagswahl sind allesamt muslimischen Glaubens, Angehörige anderer Religionen sucht man vergebens. So folgert das linke Portal Telepolis auch trocken, ,,daß diese Partei nun wirklich nichts mit Multikulti zu tun hat“. Angesichts der durchweg reputierlichen Kandidaten spotten Beobachter, bei BIG handele es sich um eine Partei der besserverdienenden Einwanderer.
JF 17/10