Es ist erst die Spitze des Eisbergs, doch die Hysterie läuft schon auf Hochtouren: die Sparbemühungen der Regierungseffizienzbehörde DOGE unter Leitung Elon Musks führen zur Schließung der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID). Sie wurde 1961 von John F. Kennedy per Dekret zur Projizierung von „Soft Power“, wie man es erst später nannte, gegründet.
Zwischenzeitlich wurde die Behörde etwas zu weich und verteilte Gelder im Sinne einer woken Weltanschauung. DOGE wählte USAID vermutlich als erstes Kürzungsziel wegen der dort besonders deutlichen Verschwendung – und legt brachial und öffentlichkeitswirksam los.
Aus einem Haushalt von etwa 50 Milliarden Dollar vergibt USAID jeweils rund zehn für humanitäre Hilfe und Gesundheit. Unter dem republikanischen Präsident George W. Bush wurde 2003 ein Programm zur Aids-Bekämpfung (Pepfar) eingeleitet, das bisher 110 Milliarden Dollar kostete und parteiübergreifend als Erfolg gilt. Bei den meisten anderen USAID-Ausgaben gehen die Meinungen allerdings weit auseinander.
Mischte sich USAID in den US-Wahlkampf ein?
Am 3. Februar veröffentlichte das Weiße Haus eine Liste von dubiosen Zahlungen, darunter auch die Förderung von Projekten mit Verbindung zu Terrororganisationen. Schon vor der Wahl war Betrug bei einem Beratervertrag über 9,5 Milliarden Dollar ins Visier von Ermittlern geraten, die bisher 31 Anklagen erhoben haben. Letztlich rächt sich jetzt die jahrelange Weigerung der USAID-Leitung, sich vom Kongreß genauer auf die Finger blicken zu lassen.
Erst durch DOGE kam heraus, daß USAID staatliche Mittel in den US-Wahlkampf geschleust haben könnte. Zu den geförderten Organisationen gehört die 2007 gegründete Zeitung Politico, die im Wahlkampf 2020 einen Brief von 51 ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern veröffentlicht hatte, wonach es sich bei der Affäre um Hunter Bidens Laptop um russische Desinformation handele.
Auf dieser Grundlage blockierten soziale Medien Berichte darüber. Inzwischen ist bekannt: der Laptop war echt, und der Brief war von Joe Bidens Wahlkampfteam koordiniert worden. USAID soll nach der Wahl besonders teure „Pro“-Abonnements zum fünfstelligen Kostenpunkt abonniert haben, insgesamt eine halbe Million Dollar pro Jahr. Überteuerte Abonnements könnten öffentliche Gelder als Gegenleistung für die Wahlkampfhilfe an Politico geleitet haben.
Fast alle Mitarbeiter werden entlassen
Die genauen Zahlen und Hintergründe sind noch umstritten, von beiden Seiten werden darüber falsche Informationen verbreitet. Auch daß Politico 2021 für eine Milliarde Dollar an den deutschen Springer-Konzern verkauft wurde, dürfte wohl noch für Aufregung sorgen.
Auch in anderen Ländern soll USAID Medien gefördert und Inhalte beeinflußt haben. Über die Nichtregierungsorganisation Internews Network soll 2023 eine halbe Milliarde Dollar an 4.291 Medien geflossen sein, wie aus auf Wikileaks publizierten Unterlagen hervorgeht. Sogar die BBC erhielt US-Steuergelder von USAID. Jetzt wird USAID abgeschafft und etwa 95 Prozent der 10.000 Mitarbeiter sollen entlassen werden.
Zwei Drittel sind allerdings im Auslandseinsatz und werden innerhalb von 30 Tagen zurückbeordert. Aber es gibt viele Ausnahmen wie für Familien mitten im Schuljahr und Härtefälle, weshalb das Endresultat weniger drastisch ausfallen dürfte.
In Washington D.C. herrscht keine Aufbruchsstimmung
Künftig wird das abgespeckte USAID im Außenministerium angesiedelt. Die Diplomaten hatten lange geklagt, daß USAID ihre Arbeit unterminiere, wie die jetzt offengelegte Finanzierung terrornaher Organisationen auch beweist. Während die Schließung der Behörde durch ein Dekret des Präsidenten möglich ist, dürfte die Verlagerung ins Außenministerium aber die Zustimmung des Kongresses erfordern. Die humanitären Teile von USAID werden also auf jeden Fall weitergeführt.
USAID ist nur der erste Dominostein, der fällt. Daß Elon Musk mit DOGE viel zu tun haben würde, dämmert vielen schon länger. Wie auch in Deutschland ist Verschwendung bei staatlichen Projekten an der Tagesordnung, deutlich sichtbar und immer wieder in den Medien thematisiert. Das erklärt auch die Aufbruchstimmung, von der die USA gerade erfaßt werden. Einzige Ausnahme: die Hauptstadt Washington DC, die bisher von Verschwendung profitierte und in der auch die Korrespondenten der deutschen Medien sitzen, die entsprechende Weltuntergangsstimmung verbreiten.
Noch vor USAID hatte DOGE überflüssige Büroflächen aufgegeben. Der Staat besitzt 7.500 leere Gebäude. In der Hauptstadt sind nur zwölf Prozent der Fläche belegt, und dort wird ein Zehntel der Bürogebäude vom Staat gemietet. Etwa 1,8 Milliarden Dollar können durch Beendigung überflüssiger Mietverträge jährlich gespart werden.
Musk liegt deutlich über seinem selbstgesteckten Ziel
Bereits zwei Wochen nach Donald Trumps Amtseinführung weist DOGE Einsparungen von 67 Milliarden Dollar aus. Damit liegt Musk deutlich über seinem selbstgesteckten Ziel von einer Milliarde pro Tag. Allerdings dürfte sich das Tempo nach anfänglichen Erfolgen verlangsamen. Symbolträchtig zum 250. US-Unabhängigkeitstag am 4. Juli 2026 soll DOGE aufgelöst werden.
Zwei Billionen Dollar Gesamteinsparungen hatte Musk anfangs als Ziel ausgegeben. Anfang Januar ruderte er dann auf eine Billion zurück. Bei Gesamtausgaben von sieben Billionen, wovon mehr als die Hälfte auf nicht kürzbare Sozialausgaben entfällt, sind beide Ziele ambitioniert. Andererseits hat Joe Biden das Defizit von einer Billion jährlich vor Corona auf 1,8 Billionen erhöht, in Trumps erster Amtszeit verdoppelte es sich von einer halben auf eine Billion, während es zuvor unter Barack Obama mehrere Jahre lang weit über einer Billion lag.
DOGE leitet eine Zeitenwende ein
Bei solchen Schwankungen sind Einsparungen im Billionenbereich durchaus plausibel. Aus bisher durchgesickerten Informationen kann man folgern, daß DOGE mit der Datenanalyse direkt an den Zahlungen ansetzt und so leichter fragwürdige Muster erkennen kann, die im traditionellen Berichtssystem verlorengehen. Die teuren Politico-Abonnements waren auf viele Unterposten verteilt, weshalb sie verborgen blieben.
Das Finanzministerium und DOGE haben sich auf einen Mechanismus zur Rückforderung betrügerischer Auszahlungen über 50 Milliarden Dollar geeinigt. Zahlungsausgänge bekommen künftig einen Code zur Zuordnung. Egal, wie die Zahlen zum Schluß ausfallen werden. Es ist klar, daß DOGE eine Zeitenwende eingeleitet hat, die die steuerzahlende Gemeinschaft vor die Selbstgerechtigkeit des Verwaltungsapparats stellt.