WARSCHAU/VILNIUS. Die Verteidigungsminister der Nato-Länder Polen, Litauen, Lettland und Estland haben angekündigt, aus der sogenannten Ottawa-Konvention austreten zu wollen. Die 1997 beschlossene Vereinbarung verpflichtet ihre Unterzeichner, keine Antipersonenminen einzusetzen, herzustellen oder zu lagern. „Die militärischen Bedrohungen für die an Rußland und Weißrußland angrenzenden Nato-Länder haben erheblich zugenommen“, heißt es in einer gemeinsam verfaßten Erklärung.
Mit der Entscheidung wolle man eine „deutliche Botschaft“ senden, daß die vier Länder „vorbereitet sind und jede notwendige Maßnahme ergreifen werden, um unsere Sicherheitsinteressen durchzusetzen“. In der derzeitigen Lage bräuchten Militärkräfte Flexibilität und Entscheidungsfreiheit bei „potentiell neuen Waffensystemen und Lösungen“. Trotz des Austritts aus der Konvention seien die Staaten weiterhin „dem internationalen humanitären Recht“ verpflichtet, inklusive dem Schutz von Zivilisten.
Die Maßnahme diene dem effektiven Schutz der Landesgrenze, betonte die litauische Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė laut einem Berichts der Nachrichtenagentur Reuters in einer eigenen Stellungnahme. Bereits im vergangenen Jahr hatte das an Weißrußland und die russischen Oblast Kaliningrad grenzende baltische Land mit dem Ausbau von Grenzbefestigungen begonnen.
Litauen plaziert Panzersperren an der Grenze
Dazu plazierte das Militär eine große Zahl sogenannter Drachenzähne – spitze, pyramidenförmige und etwa 1,2 Meter große Betonzylinder – an der Grenze. Die Konstruktion soll im Konfliktfall Panzerfahrzeuge aufhalten.
⚡️🇱🇹Lithuania fortified the border with the 🇷🇺Kaliningrad region with mines and installed „dragon’s teeth“
— 🪖MilitaryNewsUA🇺🇦 (@front_ukrainian) September 8, 2024
Zudem sei geplant, wichtige Brücken im Grenzbereich zu verminen, berichtete der amerikanische Nachrichtensender ABCNews im Januar. Zwischen fünf bis sechs Prozent des Bruttoinlandprodukts sollen in den Jahren 2026 bis 2030 in Militärausgaben gesteckt werden. Nach Aussage des litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda sollen dafür einige öffentliche Ausgaben gestrichen werden.
Nato will Ostseewache aufbauen
Im Januar hatte Polen zudem angekündigt, alle kampffähigen Männer ins Militär einziehen zu wollen. Bis zum Ende des Jahres soll ein entsprechendes Modell ausgearbeitet sein, sagte der polnische Regierungschef Donald Tusk.
Zusätzlich verkündete Nato-Generalsekretär Mark Rutte die Gründung einer Ostseewache, die die Sicherheit im Baltischen Meer erhöhen soll. Die neue Truppe soll Fregatten, Patrouillenflugzeuge und neuartige Militärtechnologien wie etwa eine Flotte an Marinedrohnen umfassen. Zudem sollen Unterwasserinfrastrukturen besser geschützt werden.
Im vergangenen November waren mehrere Informationskabelsysteme baltischer Staaten in der Ostsee zerstört worden. Ein chinesisches Frachtschiff wird verdächtigt, die Beschädigungen mit seinem Anker verursacht zu haben. Ob es sich um ein Versehen oder eine absichtliche Zerstörung, möglicherweise im Auftrag russischer Geheimdienste, handelt, ist bislang unklar. (lb)