HELSINKI. Das Berufungsgericht in Helsinki hat einstimmig den Freispruch für Päivi Räsänen von den Vorwürfen der Volksverhetzung bestätigt. Die christdemokratische Ex-Innenministerin Finnlands war unter anderem aufgrund eines 2019 von ihr verbreiteten Bibelzitats auf dem Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) angeklagt worden. Es handelte sich dabei um Verse aus dem ersten Kapitel des Römerbriefs, die Homosexualität verurteilen. Anlaß dafür war die Unterstützung der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands für eine LGBT-Veranstaltung in Helsinki.
Ein weiterer Anklagepunkt war eine Broschüre gegen die Ehe für Homosexuelle aus dem Jahr 2004 unter dem Titel „Als Mann und Frau schuf er sie“. Im Kreuzverhör hatte die Staatsanwaltschaft gefragt, ob sie ihre Aussagen aus dem Buch widerrufen würde, und Räsänens Interpretation der Bibel zuvor als „kriminell“ bezeichnet. 2022 gewann Räsänen vor dem Bezirksgericht Helsinki, die Staatsanwaltschaft ging jedoch in Berufung.
Räsänen erleichtert über Urteil
Nun muß der finnische Staat alle Prozeßkosten tragen. „Es ist kein Verbrechen, einen Bibelvers zu twittern oder sich an einer öffentlichen Debatte mit einer christlichen Perspektive zu beteiligen“, sagte Räsänen nach dem Freispruch. Sie zeigte sich erleichtert über die Entscheidung des Berufungsgerichts: „Ich hoffe, daß das Ergebnis als wichtiger Präzedenzfall für den Schutz der freien Meinungsäußerung gelten wird.“
Ebenso erfreut zeigte sich „Alliance Defending Freedom International“ (ADF International). Der weltweit agierende christlich-konservative Rechtshilfeverein hatte die Ex-Ministerin während der Verhandlung unterstützt und ihre Verteidigung koordiniert. „Wir feiern diesen Erfolg“, sagte dessen Geschäftsführer Paul Coleman. Seiner Meinung nach würden staatliche Behörden ihre Kompetenz überschreiten, wenn sie „Äußerungen, die ihnen mißfallen, zensieren und bestrafen“.
„Wer für die Wahrheit auf- und einsteht, wird Erfolge feiern“
Zugleich machte Coleman klar, daß man sich immer noch nicht ausruhen könne. Aufgeben will die Staatsanwaltschaft offenbar nicht: Die Anklägerin, Anu Mantila, sagte, sie schließe eine Berufung beim Obersten Gerichtshof Finnlands nicht aus. Diese kann sie bis zum 15. Januar 2024 beantragen.
„Es würde weitere zehntausende an Steuergeldern verschwenden“, kommentierte der Brite das potentielle Vorgehen gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. In solchen Fällen seien vier Jahre Prozeß trotz wiederholter Freisprüche eine Strafe. Dennoch gibt sich der ADF-Geschäftsführer zuversichtlich, daß auch diese Anklage scheitert: „Wer für die Wahrheit auf- und einsteht, wird Erfolge feiern.“ (kuk)