KIEW. Russische Truppen haben am Sonntag mit einem weiteren Angriff auf Kiew begonnen. Von Norden kommend versuchten sie, Vororte der Metropole einzunehmen, um so offenbar einen Belagerungsring um die ukrainische Hauptstadt zu legen, berichtete die Nachrichtenagentur Unian. Die Armeen von Rußlands Präsident Wladimir Putin verfolgten die gleiche Taktik auch bei anderen Großstädten.
Seit Beginn des Krieges hatten die Verteidiger den angreifenden Russen in verschiedenen Städten überraschend starken Widerstand geleistet. Deshalb versuchten die Angreifer nun, durch Belagerungen eine Übergabe der Städte zu erreichen.
Der Bürgermeister der südukrainischen Stadt Mariupol, Wadym Boitschenko, beklagte, aufgrund der Belagerung durch Rußlands Truppen sei die Lage vor Ort sehr schwierig. „Unablässig werden Wohnblocks beschossen, Flugzeuge werfen Bomben auf Wohngebiete ab.“ Tausende von Kindern, Frauen und älteren Menschen seien beschossen worden, nachdem sie sich für eine mögliche Evakuierung gesammelt hätten, sagte er im ukrainischen Fernsehen.
Ukrainische Truppen beschießen Stellungen in Luhansk
Über genaue Opferzahlen aus der Stadt gebe es keine verläßlichen Angaben. Aufgrund anhaltender Bomben- und Raketenangriffe sei es nicht möglich, sich einen Überblick zu verschaffen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte an den Verteidigungswillen der Belagerten. „Alle, die ihre Stadt verteidigen möchten, sollten den Kampf fortsetzen“, sagte er laut der Nachrichtenagentur AFP.
Unterdessen sollen ukrainische Einheiten Stellungen in der sogenannten Volksrepublik Luhansk, die von Rußland anerkannt wird, beschossen haben. Laut der russischen Agentur Tass seien dabei zwei Zivilisten verletzt worden sein. Es habe zudem Schäden an Wohnhäusern sowie Gas- und Stromleitungen gegeben.
UN: 1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht
Nach russischen Angaben sei es gelungen, innerhalb eines Tages zehn ukrainische Flugzeuge und Hubschrauber abzuschießen. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Ebensowenig wie die Mitteilung des ukrainischen Generalstabes, wonach seit Beginn der Kämpfe am 24. Februar über 11.000 russische Soldaten getötet worden seien.
Der UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi schrieb am Sonntag auf Twitter, daß bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen wegen des Ukraine-Krieges ihre Heimat verlassen haben. Das sei „die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“.
More than 1.5 million refugees from Ukraine have crossed into neighbouring countries in 10 days — the fastest growing refugee crisis in Europe since World War II.
— Filippo Grandi (@FilippoGrandi) March 6, 2022
Ziel vieler Flüchtlinge ist das Nachbarland Polen. Von der dortigen Grenze berichtete JF-Reporter Hinrich Rohbohm. Polnische Helfer empfangen die Ukrainer und versorgen sie. (ag)