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Kritik an Gesetz: „Eine Schande“: Von der Leyen attackiert Ungarn

Kritik an Gesetz: „Eine Schande“: Von der Leyen attackiert Ungarn

Kritik an Gesetz: „Eine Schande“: Von der Leyen attackiert Ungarn

Von der Leyen
Von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Francisco Seco
Kritik an Gesetz
 

„Eine Schande“: Von der Leyen attackiert Ungarn

Die EU-Kommission ist empört. Angeblich diskriminiert die ungarische Regierung mit einem neuen Gesetz sexuelle Minderheiten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigt deshalb Konsequenzen an. Ungarn hingegen verteidigt das Gesetz. Es schütze Kinder vor Pädophilie und Mißbrauch und stärke die Rechte der Eltern.
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BRÜSSEL. Die EU-Kommission hat angekündigt, gegen das ungarische Gesetz zum Schutz vor Pädophilie und Mißbrauch vorzugehen. Die Kommission habe „rechtlich Bedenken“ bezüglich des Gesetzes, das von Kritikern als Angriff auf die LGBTQ-Community gewertet wird, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel.

Das Gesetz diskriminiere Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und verstoße gegen fundamentale Werte der Europäischen Union, beklagte die CDU-Politikerin laut ZDF. Sie werde sich deshalb mit einem Brief an die Regierung von Viktor Orbán wenden. „Das Gesetz ist eine Schande“, kritisierte von der Leyen.

Zuvor hatten 14 EU-Staaten die Kommission aufgefordert, umgehend gegen das Pädophilie-Gesetz vorzugehen. Die Behörde müsse „alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente“ gegen das „diskriminierende“ Gesetz nutzen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung, die von Belgien, Luxemburg und den Niederlanden initiiert worden war. Notfalls solle die Kommission vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Orbán: Schützen die Rechte der Eltern

Laut dem österreichischen Standard stellten sich neben Deutschland auch Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Lettland, Litauen, Spanien und Schweden hinter die Erklärung. Später sei auch Italien hinzugekommen. Österreich unterzeichnete das Papier demnach nicht, obwohl dort die Grünen an der Regierung beteiligt sind. Die 14 Länder äußerten ihre „tiefe Besorgnis“ über das in der vergangenen Woche vom ungarischen Parlament beschlossene Gesetz.

Ungarns Ministerpräsident Orbán wies gegenüber der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch die Kritik an dem Gesetz zurück. Dieses richte sich weder gegen Homosexuelle noch würden sexuelle Minderheiten in seinem Land diskriminiert. Die Aufklärung heranwachsender Kinder gehöre aus seiner Sicht ins Elternhaus. „Wir schützen diese Aufgabe der Eltern.“

Das kritisierte Gesetz war von den beiden Abgeordneten Máté Kocsis (Fidesz) und Gabriella Selmeczi (Fidesz) ins ungarische Parlament eingebracht worden. 157 von 199 Abgeordnete stimmten in der vergangenen Woche dem Entwurf zu. Die Abgeordneten der Oppositionsparten DK, MSZP, Párbeszéd und LMP boykottierten die Parlamentsabstimmung. Überschrieben ist der Entwurf mit dem Titel: „Über ein strengeres Vorgehen gegen pädophile Straftäter und zur Änderung bestimmter Gesetze zum Schutz von Kindern.”

Härtere Haftstrafen

Das Gesetz richtet sich in erster Linie gegen Pädophilie. Es verschärft die Strafen für die Herstellung, Verbreitung und für den Besitz von Kinderpornographie. Haftstrafen müssen voll abgesessen werden. Dazu soll ein Register verurteilter Pädophiler eingerichtet werden, auf das Eltern und Erziehungsberechtigte per Antrag bei der entsprechenden Behörde zugreifen können. Von den über die Schnittstelle erlangten Daten dürfen „keine Kopien, insbesondere keine Screenshots, Auszüge oder sonstige Zusammenfassungen angefertigt werden, noch dürfen sie veröffentlicht, verbreitet, vervielfältigt, registriert oder in eine Datenbank aufgenommen werden“, heißt es in dem Dokument.

Wer in dem Register auftaucht, darf keiner Arbeit nachgehen, bei der er oder sie Kontakt mit Kindern hat. Gleichzeitig wurde das bereits bestehende Berufsverbot im Gesundheits- und Bildungswesen ausgeweitet. Pädophile dürfen künftig weder in Freibädern noch in Vergnügungsparks, Zoos oder Sportvereinen arbeiten und auch kein politisches Amt bekleiden.

Weiterhin untersagt das Gesetz die Förderung und Zurschaustellung von Homosexualität und Geschlechtsumwandlungen an Personen unter 18 Jahren. Jugendlichen dürfen demnach keine Bücher und Filme gezeigt werden, in denen Homosexualität und Geschlechtsanpassungen als Teil einer gesellschaftlichen Normalität präsentiert werden. Die sexuelle Aufklärung obliegt laut dem Gesetz den Eltern.

An anderer Stelle wird der Wert der traditionellen Familie betont. „Der Staat schützt die Familie und die Institution der Ehe, einschließlich der ihr innewohnenden Würde und des ihr innewohnenden Wertes, unter besonderer Berücksichtigung der Eltern-Kind-Beziehung, in der die Mutter eine Frau und der Vater ein Mann ist, die die Grundlage der familiären Beziehung bildet.“

Zudem heißt es: „Der Schutz geordneter Familienverhältnisse und die Durchsetzung des Rechts der Kinder auf Identität entsprechend ihrem Geburtsgeschlecht, sind für die Wahrung der körperlichen, geistigen und seelischen Unversehrtheit von besonderer Bedeutung.“

Reaktion auf Pädophilie-Skandale

Einige ungarische Politikbeobachter betonen, daß sich das Gesetz in erster Linie nicht gegen die LGBTQ-Bewegung richte, sondern eine Reaktion auf mehrere Mißbrauchs- und Pädophilie-Skandale von Fidesz-Politikern und -Diplomaten sei.

Im vergangenen Jahr waren bei Ungarns Botschafter in Peru Kinderporno-Bilder gefunden, woraufhin er lediglich zu einer Geldbuße von rund 1.500 Euro verurteilt wurde. Ein EU-Abgeordneter des Fidesz wurde bei einer Schwulen-Party in Brüssel erwischt. Daneben gab es noch weitere Skandale, die die Opposition auszuschlachten versuchte.

Mit dem neuen Pädophilie-Gesetz sollten die entsprechenden Regelungen verschärft werden. Der angeblich homophobe Passus sei erst in letzter Minute in den Gesetzestext eingebracht worden. Homosexuelle in Ungarn können eingetragene Lebenspartnerschaften eingehen, können jedoch nicht heiraten oder Kinder adoptieren. (ls/ha/krk)

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Francisco Seco
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