ROM. Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa sind in den vergangenen Stunden mehr als 2.000 Bootsmigranten angekommen. Stand Montag früh registrierten die Behörden 20 Boote, die in den zurückliegenden 24 Stunden auf der zur Region Sizilien gehörenden Insel landeten, berichten italienische Medien. Das Aufnahmelager sei bereits völlig überfüllt. Einige hundert Einwanderer sollen nun auf die sizilianische Hauptinsel gebracht werden.
Italiens Innenministerin Luciana Lamorgese beriet sich mit Ministerpräsident Mario Draghi (beide parteilos), wie in Zusammenarbeit mit dem Außen- und dem Verkehrsministerium Maßnahmen zum Umgang mit den zuletzt häufiger auftretenden Flüchtlingswellen umzugehen sei.
Lega-Chef fordert Treffen mit Draghi
Unterdessen sorgen Forderungen der Parteien Lega und Fratelli d’Italia (FdI) für Kritik von Lampedusas Bürgermeister Totò Martello. Lega-Chef Matteo Salvini habe zwar seine Haare verloren aber nicht die Unsitte, wieder sozialen Haß zu schüren, indem er „Italiener gegen Migranten“ ausspiele. Salvini hatte ein Treffen mit Draghi gefordert und gesagt, die Schleuser müßten ebenso wie die Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer gestoppt werden.
Die FdI-Vorsitzende Giorgia Meloni bekräftigte ihre Forderung nach einer Seeblockade. „Die Idee der Einrichtung einer Seeblockade ist so offensichtlicher Unsinn, daß sie nicht einmal einen Kommentar verdient“, kritisierte Martello.
Unterdessen setzten die sizilianischen Justizbehörden die Sea-Watch 4 fest. Bei einer Inspektion des von der Berliner Organisation Sea-Watch betriebenen Schiffs seien zu viele Schwimmwesten gefunden worden. Das Abwassersystem an Bord sei nicht für eine so große Anzahl an Personen ausgelegt. Die Sea-Watch 4hatte vor kurzem Hunderte Bootsmigranten an Bord genommen. Zuvor war die Crew in die Kritik geraten, weil sie eine „Antifa“-Flagge gehißt hatte.
Zahl der Bootsmigranten deutlich höher als in den Vorjahren
Die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer nach Italien kommen, war in den ersten vier Monaten 2021 im Vergleich zu den Vorjahren stark gestiegen. Bis zum 10. Mai registrierte das Innenministerium in Rom fast 13.000 Ankünfte. Im Vorjahr waren es in diesem Zeitraum rund 4.200, vor zwei Jahren waren es etwa 1.000.
Der Professor für Internationale Beziehungen an der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen in Mailand, Vittorio Emanuele Parsi, warnte, daß die Flüchtlingswelle über die Sommermonate hinaus anhalten werde. In dieser Jahreszeit steigt die Zahl der Bootsüberfahrten erfahrungsgemäß deutlich. (ls)