Nach dem Abgang von Donald Trump als US-Präsident ist Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro der mächtigste Konservative der westlichen Welt. Er regiert ein Land mit 212 Millionen Einwohnern. Brasilien ist der Fläche nach das fünftgrößte Land der Welt, nach der Einwohnerzahl das sechstgrößte und es besitzt die zwölftgrößte Volkswirtschaft. Bolsonaro wurde bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2018 im zweiten Wahlgang mit 55 Prozent gewählt. Seitdem ist es ihm gelungen, die Mordrate um 20 Prozent zu senken und das als nicht mehr finanzierbar geltende Pensionssystem zu reformieren, das ein Drittel des nationalen Haushaltes verschlang. Daran waren seine Vorgänger gescheitert.
Der Präsidentschaftspalast ist futuristisch und hat den Charme eines sozialistischen Staatsratsgebäudes. Brasiliens Hauptstadt Brasilia ist eine Stadt aus der Retorte. Im Niemandsland errichtet, sollte es eine Art sowjetische Musterstadt in einem kommunistischen Brasilien mitten in den Tropen werden. Doch es kam anders, der Kommunismus hat im Gegensatz zu Kuba in Brasilien niemals den Sieg davongetragen. Stattdessen residiert hier heute Bolsonaro, der sein politisches Leben der Aufgabe verschrieben hat, zu verhindern, daß Brasilien ein kommunistisches Land wird. Soweit die Ironie der Geschichte.
Bolsonaro ist dem Militär verbunden
An der Wand in seinem Arbeitszimmer hängt eine große Karte von Brasilien mit seinen Regionen, ein Portrait seiner Ehefrau und auf dem Tisch stapeln sich Bücher über das brasilianische Militär, dem sich der frühere Hauptmann besonders verbunden fühlt. Seine Mitarbeiter berichten, daß Bolsonaro nach dem Attentat auf ihn durch einen Linksradikalen 2018 darauf bestand, in ein Militärkrankenhaus gebracht zu werden, weil er selbst angesichts des Todes nicht besser behandelt werden wollte als die einfachen Soldaten. Hätten sich seine Familie und Mitarbeiter über diesen Wunsch nicht hinweggesetzt, wäre er heute nicht mehr am Leben.
Noch zu Zeiten der Militärdiktatur hatte sich Bolsonaro als Hauptmann und Ausbilder öffentlich für die bessere Entlohnung der Mannschaften eingesetzt. Soldaten und Offiziere müßten wenigstens so gut entlohnt werden, daß sie eine Familie gründen können. Daß Bolsonaro sich öffentlich für seine Leute eingesetzt und die politische Führung kritisiert hat, brachte ihm einen zweiwöchigen Arrest ein. Doch die Soldaten behielten ihn als mutigen Mann in Erinnerung, der bereit war, unter Inkaufnahme persönlicher Nachteile für ihre Anliegen zu kämpfen. Mit ihrer Unterstützung und der der konservativer Christen wurde er drei Jahrzehnte lang – trotz der Angriffe der Linken und der Presse – immer wieder in das brasilianische Parlament gewählt.
Der Präsident ist im persönlichen Umgang mit Besuchern ein bescheidener, freundlicher Mann mit einem feinen Sinn für Humor. Seine Zurückhaltung kann in Herzlichkeit umschlagen, wenn er spürt, daß sein Gegenüber und er die gleichen Werte teilen. Sein christlicher Glaube ist ihm sehr wichtig. Gewöhnt an jahrzehntelange Attacken der politischen Gegner, besitzt er eine große Sympathie für all jene, die wie er gegen alle Widerstände für Gott, Nation und Vaterland eintreten. Der Weltpresse ist es gelungen, von ihm das Zerrbild eines brutalen Extremisten zu zeichnen, das überhaupt nicht zu dem Mann passen will, der in ruhigen Worten schildert, wie er Angriffe auf die Verfassung abwehren und die Freiheitsrechte der Bürger auch in Corona-Zeiten schützen will.
„Bolsonaristen“ werden von den Linken bekämpft
In Deutschland erzählt die Presse die Geschichte von einem Präsidenten, der den Regenwald abbrennt und den Ureinwohnern ihr Land wegnimmt. Kaum etwas hört man in Deutschland von den 44.000 Soldaten – immerhin 20 Prozent der gesamten Heeresstärke – die Bolsonaro einsetzt, um die Brände zu löschen. Nichts von dem Bestreben großer Konsortien, unter dem Vorwand des Schutzes des Regenwaldes und der Indigenen, das Amazonasgebiet zu internationalisieren, um sich die Bodenschätze anzueignen, die nach der Rechtslage dem brasilianischen Volk gehören. Bei der Auseinandersetzung um den Amazonas geht es nicht nur um den Naturschutz oder das „Klima“, sondern auch um globale Wirtschaftsinteressen und um den Kampf um die nationale Souveränität. Wer sich eine objektive Meinung bilden will, sollte beide Seiten der Geschichte kennen.
Die „Bolsonaristen“, wie sie in Brasilien genannt werden, arbeiten abgestimmt mit dem Präsidenten professionell und klug an der Umsetzung einer konservativen Agenda und werden gerade deshalb von den Linken – national wie international – besonders gehaßt. Das Wissenschaftsministerium arbeitet daran, ein satellitengestütztes System zu entwickeln, um die genauen Einflußwirkungen auf den Klimawandel zu messen. Sie wollen die Klima-Lobby so mit ihren eigenen Waffen schlagen.
Meinen Bericht über die Energiewende in Deutschland konnte der zuständige Minister kaum glauben. Ausstieg aus der Kohle-, Atom- und planmäßig auch aus der Gasenergie; als führende Industrienation? Ersatz soll dafür in Deutschland unter anderem durch Sonnenenergie kommen? Verdoppelung der Energiepreise? Die Fragezeichen in den Augen des Ministers und seiner Referenten wurden immer größer. Man läuft im Ausland manchmal Gefahr, bei der Beschreibung der real existierenden Politik in Deutschland nicht mehr ganz ernst genommen zu werden.
Bolsonaro zeigt sich offen für internationale Bündnisse mit Konservativen
Der Kulturminister, ein ehemals sehr populärer Schauspieler, bereitet ein Gesetz vor, um die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Big Tech Unternehmen zu beenden. Das Familienministerium arbeitet an einem globalen Schulterschluß mit konservativen Regierungen von Polen bis Uganda, um in den Vereinten Nationen konservative Familienwerte durch Resolutionen zu verankern.
Die Linke agiert heute global. Ihre Netzwerke reichen von den Vereinten Nationen über die Europäische Union bis zu den internationalen Gerichtshöfen, von den Internetgiganten bis zu den nationalen Medien. Antifa, „Fridays For Future“ und „Black Lives Matter“ agieren als Organisationen global. Wenn die Konservativen sich nicht ebenfalls global vernetzen, werden sie immer im Nachteil sein und ins Hintertreffen geraten. Die Bolsonaro-Regierung hat das verstanden und zeigt sich deshalb offen für die internationale Kooperation mit den Konservativen anderer Länder.
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Beatrix von Storch ist stellvertretenden Bundesvorsitzende der AfD und Vize-Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag.