BRÜSSEL. Der EU-Ministerrat hat nach dem Terroranschlag in Wien einen Vorstoß zur Ausweitung der digitalen Überwachung gestartet. Dabei will das Gremium die sichere Verschlüsselung von Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Threema beschränken, wie aus einem internen Dokument an die Delegationen der Mitgliedstaaten im Rat hervorgeht, das dem Spiegel vorliegt.
Laut Informationen des Österreichischen Rundfunks (ORF) sollen Unternehmen, die bei ihren Kommunikations-Apps eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten, künftig Generalschlüssel für Ermittlungsbehörden anlegen. Somit könnten diese Unterhaltungen einsehen. „Autorisierte Behörden müssen in der Lage sein, in bestimmten Fällen legal auf Daten zugreifen zu können“, heiße es in einem EU-Papier, das dem Sender vorliegt.
Österreichische Behörden sollen Warnung ignoriert haben
Frankreich habe demnach auf die Beschränkung der Verschlüsselung gedrängt. Vergangene Woche hatte die britische Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf für den Inselstaat vorgestellt.
Anlaß für das Vorhaben der EU ist ein islamistischer Terroranschlag in Wien Anfang November. Jedoch gibt es bislang keine Hinweise darauf, daß es aufgrund mangelhafter Überwachungsmöglichkeiten zu der Tat gekommen ist. Stattdessen werden dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Ermittlungsfehler vorgeworfen. Es soll unter anderem eine Warnung slowakischen Behörden vor dem späteren Attentäter ignoriert haben.
EU beschneide Bürgerrechte wegen eigenem Politikversagen
Der innenpolitische Sprecher der AfD-Delegation im EU-Parlament, Nicolaus Fest, warf der EU vor, unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung einen Überwachungsstaat aufzubauen. Terror bekämpfe man nicht durch Totalüberwachung der Bürger, sondern durch harte Strafen und Abweisung beziehungsweise Abschiebung potentieller Islamisten. „Die EU opfert die Freiheit des Bürgers, indem sie ihm mehr Sicherheit gegen jene Bedrohungen verspricht, die sie selbst mit ihrer verantwortungslosen Politik der Migration und offenen Grenzen verursacht“, kritisierte Fest.
Die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte vor einer „Unterwanderung der Grundrechte“. Ein Generalschlüssel zur Überwachung von Chats sei „ein Werkzeug, von dem Diktatoren träumen“, mahnte sie auf Twitter.
Ein Generalschlüssel zur #Überwachung von Chats ist ein Werkzeug, von dem Diktatoren träumen. Terrorismus muss bekämpft werden – durch fundierte Ermittlungen, auch im Darknet. Gewalt darf kein Feigenblatt für die Unterwanderung unserer Grundrechte sein. #Verschlüsselungsverbot
— Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (@sls_fdp) November 9, 2020
(zit)