ROM/VALLETTA. Ein italienisches Schiff hat 108 aus Seenot gerettete Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht. Die Besatzung der „Asso 28“ handelte auf Anweisung der italienischen Küstenwache, meldet die Nachrichtenagentur APA. Das Vorgehen löste scharfe Kritik aus.
Der italienische Parlamentsabgeordnete des linken Parteienbündnisses „Liberi e Uguali“, Nicola Fratoianni, warf seiner Regierung vor, damit internationales Recht verletzt zu haben. „Das internationale Recht sieht vor, daß die im Meer geretteten Menschen in einen sicheren Hafen geführt werden. Die libyschen Häfen sind trotz der Wahrheitsverzerrung, für die die italienische Regierung verantwortlich ist, nicht als sicher anzusehen.“
Reisch twittert gegen Kapitän der „Asso 28“
Claus-Peter Reisch, der Kapitän des Flüchtlingsschiffs „Lifeline“, kritisierte auf Twitter das Vorgehen ebenfalls scharf. In Anspielung auf den Prozeß gegen ihn, fragte er, wann sich der Kapitän der „Asso 28“ vor Gericht verantworten müsse.
Wann startet der Prozess gegen den Kapitän der #AssoVentotto wegen dem illegalen Pushback heute? #Askingforafriend https://t.co/AB4dvPb7F0
— Claus-Peter Reisch (@ClausReisch) 30. Juli 2018
Reisch steht derzeit in Malta vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, ohne gültige Registrierung mit dem Flüchtlingsschiff „Lifeline“ in maltesische Gewässer gefahren zu sein. Am Montag bekräftige ein Gutachter vor Gericht in Valleta die Vorwürfe, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Im Fall einer Verurteilung drohen Reisch eine Geldstrafe von 11.600 Euro oder eine Haftstrafe von einem Jahr.
Bayern SPD zeichnet Reisch aus
Die Bayern SPD hatte Reisch am Freitag mit dem neu geschaffenen Europa-Preis ausgezeichnet. In ihrer Laudatio sagte die Landesvorsitzende der bayerischen Sozialdemokraten, Natascha Kohnen: „Es gibt kaum einen Menschen in Europa, der mehr die Werte, also die Nächstenliebe Europas in sich trägt, als Herr Reisch. Und vor allem macht er etwas mit seiner Seenotrettung, wofür eigentlich die Staaten Europas zuständig wären. Aber die Staaten Europas schaffen es nicht, sie versagen“, zitierte der Bayerische Rundfunk Kohnen. Außerdem kritisierte die Münchnerin die Kriminalisierung der Flüchtlingshelfer.
Freitag haben wir ihn noch mit dem #EuropaPreis ausgezeichnet, heute steht @SEENOTRETTUNG Kapitän @ClausReisch auf #Malta vor Gericht. Es ist eine Schande, wenn Ehrenamtliche, die Menschen in Not retten, weil die EU dazu nicht in der Lage oder willens ist, kriminalisiert werden! pic.twitter.com/mPWXMRWFgq
— Natascha Kohnen (@NataschaKohnen) 30. Juli 2018
Zur Zeit halten Italien und Malta vier Flüchtlingsschiffe und Aufklärungsflugzeuge von NGOs fest. Reisch kritisierte das in einem Gespräch mit dem ZDF. „Wenn es soweit kommt, dann hat das mit Humanität in meinen Augen nichts mehr zu tun. Es kann nicht sein, daß die Wertegemeinschaft in Europa so mit Füßen getreten wird.“ Weiter sagte er: „Ich bin eher der konservative Bayer, aber bei uns gibt es das Prinzip, ‘Leben und leben lassen’, damit hat das alles nichts mehr am Hut.“
Unterdessen ruft die Dresdner Organisation Lifeline zu weiteren Spenden für ein neues Flüchtlingsschiff auf. Auch Reisch richtet sich direkt an potentielle Unterstützer.
Danke an alle Unterstützer! @SEENOTRETTUNG sammelt jetzt hier für ein Ersatzschiff: https://t.co/7B12M76Crw pic.twitter.com/32DIltdOcP
— Claus-Peter Reisch (@ClausReisch) 28. Juli 2018
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kündigte an, daß das private Rettungsschiff „Aquarius“ wieder in See stechen werde. Am Mittwoch soll es den Hafen von Marseille verlassen, meldete die Nachrichtenagentur dpa. (ag)