BERLIN. In einer Beschlußempfehlung haben sich die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP im Wahlprüfungsausschuß geeinigt, die Bundestagwahl in Berlin in Teilen zu wiederholen. Demnach müßten die Wähler in rund 400 von 2300 Wahlbezirken erneut an die Urnen gerufen werden. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf den SPD-Obmann des Wahlprüfungsausschusses, Johannes Fechner.
Allerdings soll der Bundestag erst im Oktober über den Antrag abstimmen. „Denn die Beschlußempfehlung muß intensiv vorbereitet werden, um rechtssicher zu sein“, sagte Fechner. Dann wäre bereits mehr als ein Jahr vergangen, seitdem die Berliner auf nicht legitime Weise zur Zusammensetzung des Bundestages im September 2021 beigetragen haben. Die Neuwahl könnte vermutlich erst im kommenden Jahr stattfinden.
Was aus der gleichzeitig und nicht minder chaotisch stattgefundenen Abgeordnetenhauswahl wird, ist noch unklar. Dafür plant der Berliner Verfassungsgerichtshof, erst im September mit der Zeugenvernehmung zu beginnen. Allerdings wolle man die Hinweise, die sich aus diesem Verfahren ergeben bei der Beschlußempfehlung berücksichtigen, kündigte Fechner an.
Demnach sind Wahllokale in allen zwölf Berliner Wahlkreisen betroffen. Der Schwerpunkt liegt allerdings in den Stadtbezirken Mitte, Pankow, Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg. Nach einer Berechnung des Bundeswahlleiters könnten bei einer kompletten Wiederholung bis zu acht aller zwölf Mandate wackeln. Das geht den Ampelfraktionen allerdings zu weit. Mit ihrem Vorschlag wären die Auswirkungen eines teilweisen Urnengangs wohl weit weniger dramatisch.
Linke Direktmandate nicht bedroht
Die Linke hatte ihre beiden Berliner Direktmandate, wegen derer sie trotz des Scheiterns an der Fünfprozenthürde im Bundestag sitzt, in Treptow-Köpenick und Lichtenberg gewonnen. In diesen Wahlkreisen wird es, wenn es nach der Ampel geht, wohl keine komplette Neuwahl geben. Hier soll nur in wenigen Wahllokalen, die identisch mit den Wahlbezirken sind, erneut abgestimmt werden.
Die Beschlußempfehlung begründete Fechner mit „gravierenden Wahlfehlern“. Manche Wahllokale seien über Stunden geschlossen gewesen, „es fehlten Stimmzettel, es wurden falsche Wahlzettel ausgeteilt, es gab unzumutbar lange Wartezeiten und das Wahlende wurde bis zu zwei Stunden verzögert“. Außerdem hätte teilweise auch nicht stimmberechtigte Personen wählen dürfen. (fh)