Wieviel Zuversicht verheißen die jüngsten Wahlerfolge der FDP für den deutschen Liberalismus? Einen Ansatz zur Beantwortung der Frage lieferte die – von einem knappen Dutzend libertärer Institutionen veranstaltete – „Agenda für die Freiheit“, die vergangene Woche ausgerechnet am 17. Juni stattfand. Denn dieses Datum – einst Tag der Deutschen Einheit, heute kaum mehr erinnerter „Nationaler Gedenktag“ –, ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Dabei bildet es, mit Ausnahme des Herbstes 1989, einen der wenigen deutschen Freiheitsmomente des 20. Jahrhunderts.
In einem Exkurs über „Die Tradition der Freiheit“ diagnostizierte der Wirtschaftsphilosoph Gerd Habermann: „Wir Deutsche haben ja alle den Staatskomplex“ und seien geprägt von „Obrigkeitshörigkeit und Gehorsam“. Allerdings gelte diese fatale Haltung vornehmlich für das 20. Jahrhundert. Hingegen zeigten vorhergehende Jahrhunderte zahlreiche Beispiele freiheitlicher Tendenzen. Daß diese heute nicht in den Blick geraten, scheint allerdings nicht verwunderlich angesichts eines Gemeinwesens, das sich gerade mal auf sechzig Jahre beruft.
Ein frühes Beispiel für ein System von Freiheit sah Habermann im Feudalismus. Das dort verwirklichte Prinzip des Föderalismus habe zugleich die spätrömische Bürokratie abgelöst. Weniger optimistisch war der Wirtschaftsjournalist Günter Ederer. Mit Blick auf die Erfolge der Linkspartei beklagte dieser: „Wir haben dem Osten die D-Mark gegeben, statt ihnen die Freiheit zu erklären.“ Beispielhaft für die traurige Lage seien die Rahmenrichtlinien im Bildungswesen: In 15 von 16 deutschen Bundesländern komme Ludwig Erhard im Lehrplan gar nicht vor. Statt dessen reüssierten als jeweils stärkste Fraktion – so in Darmstadt, Freiburg und Heidelberg – die von einem marxistischem Wirtschaftsbild geprägten Grünen. Derzeit am stärksten bedroht sei die Freiheit durch drei Tendenzen: Umweltdebatten, den Kampfbegriff „soziale Gerechtigkeit“ und den drohenden Polizeistaat. Die Trostlosigkeit rekapitulierend fragte Ederer: Wo sind die Denkmäler für die namentlichen Opfer des 17. Juni 1953?
Darauf wußte auch die einstige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld keine Antwort. Als neues Mitglied der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft versuchte sie zu ergründen, was der Westen aus dem 17. Juni gelernt hat. Das Ergebnis war ernüchternd. Dies demonstriere, so Lengsfeld, das Beispiel des ehemaligen Außenministers Joseph Fischer, der früher soviel Wert darauf legte, den Friedensprozeß in Nahost zu befördern. Doch statt an der tags zuvor veranstalteten Protestveranstaltung von Exil-Iranern teilzunehmen, wo auch der Vater von Fischers Ehefrau Minu Barati anwesend war, habe es Fischer vorgezogen, einem Sterne-Koch-Dinner beizuwohnen.
Als weiteres Problem benannte Lengsfeld, die gute Chancen besitzt, auf einem CDU-Listenplatz in den nächsten Bundestag einzuziehen, die im heutigen Deutschland bestehenden „Denk- und Sprachverbote“, die bereits „bei bestimmten Wörtern“ begännen. Dem gelte es zu widerstehen.
Inwiefern auch die Familienpolitik in Deutschland einen Eingriff Angriff auf die Freiheit bedeutet, referierten Maria Steuer und Beatrix Herzogin von Oldenburg. In ihrem Plädoyer für „Die Revitalisierung der Familie“ rügte von Oldenburg die von Familienministerin von der Leyen verfügte Elterngeld-Regelung: „Mehr Einmischung des Staates ins Privatleben ist eigentlich nicht vorstellbar.“ Wie erschreckend weit die staatlichen Übergriffe reichen, ergänzte Maria Steuer vom neuen Internetkanal familyfair.de, der wegen eines akuten Hackerangriffs nicht vorgestellt werden konnte. Laut Steuer gibt es deutschlandweit inzwischen täglich achtzig Fälle sogenannter „in Obhutnahme“ – und also genügend Arbeitsfelder nicht nur für FDP.
Foto: Lengsfeld: Denkverbote?