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Kampf um den einzigartigen Gleichklang

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Irgend etwas Entscheidendes und nicht direkt mit der Waldschlößchenbrücke Zusammenhängendes wird in den nächsten Wochen passieren. Denn so war es bisher immer, wenn die Einzigartigkeit des Dreiklangs aus Fluß, Landschaft und Architektur zwischen den Schlössern Pillnitz im Osten und Übigau im Westen Dresdens durch ein Brückenbauwerk zerstört werden sollte. 1939 verhinderte der Kriegsausbruch die von Paul Wolf geplante und 1937 im Hauptverkehrswegeplan festgeschriebene Elbquerung. Genau vierzig Jahre später scheiterte der Bau einer achtspurigen Brücke am fehlenden Geld. Die SED-Regierung benötigte die Mittel plötzlich in Berlin. Und 1989 durchkreuzte schließlich der Zusammenbruch des DDR-Regimes das Projekt einer vierspurigen Autobahn, für die das damalige Autobahnkombinat bereits mit den Bauvorbereitungen begonnen hatte. Auch für die jetzige Waldschlößchenbrücke, um deren Baubeginn seit Wochen heftig gerungen wird, wurden bereits vor mehr als sechs Jahren die ersten symbolischen Spatenstiche getan: von zwei Christdemokraten, dem früheren Wirtschaftsminister Kajo Schommer und dem Ex-Oberbürgermeister Herbert Wagner. Die sächsische Staatsregierung unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) war es damals, die so lange gewaltigen Druck auf den Stadtrat ausübte, bis dieser sich mehrheitlich für einen Brückenbau an der gewünschten Stelle aussprach. Kulturstaatsminister fordert gesetzliche Regelung Auch heute ist es die CDU, die gemeinsam mit den Liberalen und dem Automobilclub ADAC an einem Brückenbauwerk festhält, das weltweit bei Dresden-Freunden für Empörung sorgt und das Dresdner Elbtal wohl den erst im Juli 2004 verliehenen Titel als „Weltkulturerbe“ kosten wird. Vorsorglich warnte bereits das Auswärtige Amt vor einem „erheblichen Schaden für die Bundesrepublik Deutschland“, falls die sächsische Landeshauptstadt durch den Brückenbau den Unesco-Titel verlieren sollte. Ein Teil des Problems, mit dem sich die Dresdner jetzt herumschlagen, liegt allerdings auf Bundesebene. Denn es geht auch um eine komplexe völkerrechtliche Frage: Wie verbindlich ist die Völkerrechtsnorm der Unesco-Welterbekonvention für Deutschland? Bisher hat es der Staat versäumt, deutsches Weltkulturerbe gesetzlich zu schützen und zu bewahren. Zwar fordert inzwischen Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) eine klare gesetzliche Regelung. Für den Fall Dresden käme diese aber zu spät. Unmißverständlich hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen Anfang März entschieden, daß der Bürgerentscheid, der den Bau der Waldschlößchenbrücke favorisiert hatte, umzusetzen ist. Die Proteste gegen den Brückenbau und vor allem gegen das konkret geplante Bauwerk lassen dennoch nicht nach. Bereits seit Jahren warnen Persönlichkeiten wie der frühere sächsische Landeskonservator Heinrich Magirius vor der „Kompaktheit und Aufdringlichkeit der Formgebung“ der neuen Brücke, die „der städtebaulichen Situation in keiner Weise gerecht wird“. Immerhin erhebt sich der Brückenbogen 30 Meter über die Elbe: so hoch wie ein zehngeschossiges Wohnhaus. Selbst die Bundesarchitektenkammer kritisierte den geplanten Entwurf als „dramatisch schlecht“. Auch der mehrheitliche Wunsch der Dresdner, an dieser Stelle eine Elbüberquerung haben zu wollen, rechtfertige dieses „gewalttätige Monstrum eines Brückenbaus“ nicht, so Magirius: „Dresden opfert gerade in dem Moment ein Stück seiner Seele, wo mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche sein Herz wieder zu schlagen beginnt.“ Gemeinsam appellierten vor einem Jahr 300 Berliner und 150 Münchner Wissenschaftler, Stadtplaner, Architekten und Politiker, der „nationalen Kulturverpflichtung zur Wahrung dieses Weltkulturerbes eines höheren Rang einzuräumen als den rein wirtschaftlichen“. Der Schaden durch die Brückentrasse quer durch den schönsten Elbbogen stehe in keinem Verhältnis zu den Verkehrsvorteilen. Ende März demonstrierten mehrere tausend Dresdner gegen die Zerstörung des Elbtals – darunter nicht nur Brückengegner. Er lehne eine Brücke nicht ab, aber die geplante schon, sagte der Kabarettist Olaf Böhme. Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, bezeichnete die Waldschlößchenbrücke als ein „monströses Auslaufmodell“ und mahnte die Besonderheiten der barocken Stadt an: „Kein Mensch käme auf die Idee, hinter dem Schloß Versailles einen Flughafen zu bauen.“ Roth erinnerte daran, daß nach der Wende die Landesregierung das Deutsche Hygiene-Museum schließen und das Schloß nicht für das berühmte Grüne Gewölbe, sondern für Ministerien nutzen wollte: „All das konnte abgewehrt werden.“ Star-Trompeter Ludwig Güttler, einer der Hauptinitiatoren des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche, appellierte an die Unesco, Dresden den Weltkulturerbe-Titel vorerst nicht abzuerkennen. Die Stadt müsse einen Kompromiß suchen. Das versuchen die Stadtväter zur Zeit in Eilsitzungen. Ende März beschloß der Stadtrat, sowohl beim Bundesverfassungsgericht als auch beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof Beschwerden gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen einzulegen. Dieses hatte ganz stark die Bedeutung des Bürgerentscheids von 2005 hervorgehoben. Zwar hatte an diesem seinerzeit lediglich jeder zweite Dresdner teilgenommen, aber diese hatten zu zwei Drittel für den Brückenbau gestimmt. Rechtsexperten sprechen von Symbolpolitik Auch wenn sich der Stadtrat an diesem Donnerstag in einer Sondersitzung mit Alternativen zur Waldschlößchenbrücke beschäftigen wird, dürften die Messen für das Projekt längst gelesen sein. Die jüngsten Klagen der Stadt werden von Rechtsexperten als „Symbolpolitik“ verspottet. Im Regierungspräsidium Dresden spricht man von einem „juristischen Amoklauf derjenigen, die die Brücke verhindern und den Bürger­entscheid aushebeln wollen“. Voraussichtlich wird das Welterbe-Komitee auf seiner Juni-Sitzung im neuseeländischen Christchurch das Dresdner Elbtal von der Unesco-Liste streichen. Im Sommer könnte dann der Bau der rund 160 Millionen Euro teuren Waldschlößchenbrücke beginnen und – wenn alles nach dem Plan der Baufirmen geht – ab 2010 der Verkehr über diese Elbquerung rollen. Es sei denn, es passiert wieder einmal etwas Unvorgesehenes. Zur Zeit versucht der Landesdenkmalrat Berlin, Sachsens Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) zum Einschreiten zu bringen. In einem Offenen Brief wird darauf aufmerksam gemacht, daß es „unmißverständliche Hinweise“ gebe, daß Deutschland bei einem Verstoß gegen die Welterbe-Richtlinie keine Chance auf weitere Titel hätte. Foto: Computersimulation der sogenannten Waldschlößchenbrücke: „Monströses Auslaufmodell“

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