Seit der Bankenaffäre um den damaligen Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky geht es mit der Berliner CDU bergab. Die Vorsitzenden wechselten in schneller Folge – von Diepgen über Stölzl zu Zeller. Und als auch dieser das Handtuch warf, wurde es der weithin unbekannte Ingo Schmitt. Keine Frage: Für die Hauptstadt ist das Beste gerade gut genug. Daher ist die Nominierung von Friedbert Pflüger als CDU-Spitzenkandidat für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im September eine Verlegenheitslösung. Immerhin hat die peinliche Suche der Berliner CDU nach einem geeigneten Kandidaten einen Abschluß gefunden. Die sogenannte Findungskommission hatte ihrem zukünftigen Spitzenmann jedoch noch vor der Nominierung „die entscheidende Hoheit über Inhalte und Organisation“ zugesagt. Das alleine zeigt, wie groß die Verlegenheit der Partei sein muß, wenn sie Pflüger einen derartigen „Blankoscheck“ in die Hand geben mußte. Gemeinhin zeichnen sich Parteien dadurch aus, daß sie sich einer Meinungsbildung von unten nach oben befleißigen. Hier ist es umgekehrt. Im übrigen ist die politische Meinung des Kandidaten nicht frei von Fehlleistungen. So sah er bereits vor Jahren die „Republik nach rechts driften“, während sie schon damals nach links driftete. Und heute haben wir eine Mehrheit links von der Mitte. Das ist selbst Harald Schmidt aufgefallen, der sich als ein besserer Beobachter der politischen Szene erwies: „Was hat man uns nicht alles versprochen? Den Rechtsruck. Wo ist er geblieben?“ Der Berliner CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns berichtet in seinem Buch „Die verschmähte Nation“ zudem von einer Begebenheit, die sich 1989 in Stanford zugetragen hat. Nachdem sich Pflügers Noch-Ehefrau ziemlich ablehnend gegenüber einer Wiedervereinigung äußerte, erwiderte dieser, so weit wolle er nicht gehen, betonte aber, auch er sei gegen die Wiedervereinigung – er fürchtete um „die demokratischen Errungenschaften der Bundesrepublik“. Und so ist denn nur folgerichtig, daß sich Pflüger 1991 gegen Berlin als Regierungssitz der Bundesregierung aussprach. Sein politisches Credo damals gipfelte in den Worten: „Mein politisches Vaterland aber ist die Bonner Demokratie … Ich habe unser Parlament lieber im Bundestag als im Reichstag …“ Diese Äußerungen müßte der politische Gegner ihm im Wahlkampf nur noch pausenlos um die Ohren hauen, und schon gäbe es kein anderes entscheidenden Wahlkampthema mehr. Und Klaus Wowereit? Der kann sich freuen und hämisch grinsen. Heinrich Lummer , ehemaliger Berliner Bürgermeister, Innensenator a. D. und bis 1998 CDU- Bundestagsabgeordneter.