Bayern stand in früheren Jahrzehnten, als die Landesregierung noch vom seligen Franz Josef Strauß geführt wurde, oft in dem Verdacht, in einer sich gründlich durchliberalisierenden Republik so etwas wie eine „konservative Ordnungszelle“ darzustellen. Dieser Verdacht scheint mittlerweile reichlich unbegründet zu sein, zumindest dann, wenn die Erfahrungen des in Sachsen-Anhalt ansässigen Instituts für Staatspolitik (IfS) und der Münchner Burschenschaft Danubia bei der Suche nach einem Veranstaltungsraum in der bayerischen Landeshauptstadt als einigermaßen repräsentativ gelten können. Nach dem erfolgreichen, gemeinsam mit der JUNGEN FREIHEIT durchgeführten „Berliner Kolleg“, bei dem am 22. Mai dieses Jahres über 600 Zuhörer Vorträge und Redebeiträge von Bernd Rabehl, Karlheinz Weißmann, Fritz Schenk, Dieter Stein, Martin Hohmann und Reinhard Günzel verfolgten (JF 23/04), sollte ein ähnliches Kolleg auch in München veranstaltet werden. Anlaß war der noch immer anhaltende Unmut über die Behandlung des Bundestagsabgeordneten Hohmann wegen einer Rede, die der 54jährige Politiker am 3. Oktober 2003 im hessischen Neuhof gehalten hatte. Nach einer beispiellosen Medienkampagne, in der Hohmann als „Antisemit“ und „Rechtsradikaler“ verunglimpft wurde, war er im November aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen worden, am 20. Juli dieses Jahres folgte sein Rauswurf aus der CDU. Vor der Veranstaltung in München traten allerdings bis dahin für undenkbar gehaltene Probleme bei dem Versuch auf, einen Saal zu mieten. Nachdem erst der „Hofbräukeller“ einen schon unterzeichneten Mietvertrag gekündigt hatte, ließ auch der „Löwenbräukeller“ nur zwei Tage vor dem Veranstaltungstermin am 25. Juli einen Mietvertrag platzen, nachdem „Antifaschisten“ eine Mahnwache angekündigt und die Israelitische Kultusgemeinde München Druck auf den Wirt ausgeübt hatte. Nach diesen Turbulenzen freute sich manch einer schon zu früh; so meldete die linke Tageszeitung Junge Welt in ihrer Ausgabe vom 24. Juli, „aufgrund des öffentlichen Drucks“ sei die Veranstaltung abgesagt worden. Doch zum Glück stand als letztes Refugium das Haus der Burschenschaft Danubia zur Verfügung, das allerdings in zweitägiger ununterbrochener Arbeit für eine solche Großveranstaltung erst präpariert werden mußte. Da der Kneipsaal der Danubia nur 200 Personen faßt, wurde im Garten hinter dem Haus ein Zelt und eine Leinwand aufgestellt, und in zahlreichen Briefen, Faxen, Telefonaten und Mails wurden die angemeldeten Teilnehmer zum nunmehr zweiten Mal von einer Ortsverlegung unterrichtet und umgeleitet. Wie sich dann am Tag der Veranstaltung zeigte, wirkte sich der Zwang zur Improvisation nicht negativ auf den Veranstaltungsablauf aus. Bei strahlend schönem Sommerwetter fanden sich über 350 Personen auf dem Danubenhaus ein, die sich die Stimmung auch durch die recht einfältigen Parolen einer etwa 20 Mann starken „antifaschistischen“ Mahnwache nicht verderben ließen. Die Polizei war vor Ort und sicherte den ruhigen Verlauf des 1. Münchner Kollegs. Ob dieser äußeren Turbulenzen traten die Inhalte der Veranstaltung etwas in den Hintergrund. Die Vorträge von Konrad Löw, Fritz Schenk und Reinhard Günzel zu ihren jeweiligen Fällen oder Initiativen fanden ein dankbares und engagiertes Publikum, das die sichtbare Demonstration von Meinungsfreiheit und organisatorischer Kraft mit freundlichem Applaus bedachte. Auch Martin Hohmanns kräftige Worte im Sinne eines „Trotz alledem“ wurden von der Zuhörerschaft mit begeistertem Applaus quittiert. Breite Zustimmung unter den Gästen fanden die Betrachtungen Günzels zum „Ethos des Offiziers“, die er bereits anläßlich des „7. Berliner Kollegs“ des IfS formulierte. Nochmals verlieh der General, der aufgrund eines zustimmenden Briefes an Martin Hohmann innerhalb weniger Stunden das Kommando über die Eliteeinheit KSK der Bundeswehr verlor, seiner tiefen Enttäuschung über den Niedergang des deutschen Offizierskorps Ausdruck. Dies sei nicht zuletzt das Resultat der jahrelangen moralischen Unterhöhlung durch die 68er. Und so konnte man sich des Verdachts nicht erwehren, daß trotz aller Bemühungen um eine „Ausweitung der Kampfzone“ letztlich doch ein klug durchorganisierter Rückzug erfolgen könnte: Die Gegner der Veranstaltung hatten ja bereits in zwei wichtige Punkten gesiegt. Zum einen war das Kolleg vom öffentlichen Raum in die private Atmosphäre abgedrängt worden. Zum anderen konnte die beabsichtigte Pressekonferenz mit Martin Hohmann nicht stattfinden. Und eine erste kurze Auswertung am Tag danach zeigte, daß der Druck von links auch in einem dritten Punkt Erfolg gezeitigt hatte: Von den angemeldeten Hörern blieben nach der erneuten Umladung vor allem diejenigen dem Kolleg fern, die der CDU oder der CSU angehören – von über hundert solchen Fällen berichteten die Veranstalter. Zu groß war die Angst, durch die Linse einer Kamera entdeckt und in der eigenen Parteikarriere geschädigt zu werden – sei es durch eine Berichterstattung in linksextremistischen Antifa-Publikationen oder die taktische Diffamierung durch einen Parteifreund. Es war dann letztendlich der Geschäftsführer des IfS, Götz Kubitschek, der auf die Politikfähigkeit eines konservativen oder politisch rechts orientierten Lagers zu sprechen kam. Kubitscheks Quintessenz lautet: Stimmungen, Ärger, Wut über die Beschneidung der Meinungsfreiheit oder andere Gefühlslagen können zwar für den Moment mitreißend sein und eine erhebliche Dynamik entfalten; im eigentlichen Sinne politisch seien sie jedoch nicht. Sie verflögen zu rasch, sie reagierten und fänden sich ab. Politische Arbeit sei also die Verstetigung des Protests und der Stimmung, so Kubitschek. „Verstetigung“ ist eine der Vokabeln, die das veranstaltende Institut für Staatspolitik seit seiner Gründung vor vier Jahren verwendet, um die Notwendigkeit politischer und vorpolitischer Strukturbildung herauszustreichen. Angesichts der relativen Machtlosigkeit des Instituts gegenüber den Vorgängen um die Kündigung der Veranstaltungsräume – und im großen Maßstab: angesichts der Machtlosigkeit Hohmanns oder Günzels gegenüber der Unbilligkeit und Willkür übergeordneter Instanzen – ist die Machbarkeit politischer Mobilisierung tatsächlich die entscheidende Frage. Zu Recht skandalisierte deshalb das IfS die Aushöhlung der Meinungsfreiheit nicht, sondern blieb bei der nüchternen Analyse der Vorgänge und verwies auf die kleinen, aber notwendigen Schritte hin zu professionellen Strukturen. Bereits die Eintragung als Interessent in die Karteien des Instituts oder der von Fritz Schenk ins Leben gerufenen Initiative „Kritische Solidarität mit Martin Hohmann“ sei ein politischer Akt: Informationen könnten dadurch leichter und letztlich machtvoller weitergeleitet werden. So kommt den Fällen Hohmann, Günzel und Löw natürlich auch die Funktion zu, beschleunigend gewirkt zu haben. Hieraus erklärt es sich auch, daß das IfS erstmals ein Berliner Kolleg an anderem Ort mit leichten Änderungen in Besetzung und Ablauf wiederholt hat: Die mobilisierende Wirkung eines Günzel, eines Hohmann, der skandalösen Thematik überhaupt, kommt dem Ausbau der politischen Strukturen insgesamt zugute. Institut für Staatspolitik, Rittergut Schnellroda, 06268 Albersroda. Tel./Fax: 03 46 32 / 9 09 42, Internet: www.staatspolitik.de Foto: Brigadegeneral a.D. Reinhard Günzel, Fritz Schenk: Erst nach zweimaliger Verlegung des Veranstaltungsortes konnte das Kolleg auf dem Haus der Burschenschaft Danubia stattfinden / Martin Hohmann, Polizei vor dem Danubenhaus: „Trotz alledem!“