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Eine große Koalition für Haschischfreigabe

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Eine große Koalition für Haschischfreigabe

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Vor zwei Wochen in Bad Saarow, wenige Kilometer südöstlich von Berlin: In dem beschaulichen Kurort in der Mark Brandenburg setzen sich drei Jungen auf die Stufen einer Hotelgaststätte. Sie kümmern sich nicht um die Kurgäste in dem Lokal. Einer der drei vielleicht zwölf Jahre alten Buben zündet sich ungeniert eine Marihuanapfeife an. Was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre, gehört heute zur traurigen Realität. Nicht mehr nur in Metropolen wie Berlin, Hamburg und Frankfurt, sondern auch in der Provinz existiert, was man als offene Drogenszene bezeichnet.

Nur in den Großstädten ist das Problem natürlich noch viel bedrohlicher. Frankfurt am Main verfügt über sogenannte Fixerstuben. Und wer zwischen 15 und 30 ist und nachts den Berliner Breitscheidplatz an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche überquert, wird fast zwangsläufig von Schwarzafrikanern angesprochen. "Haschisch? Haschisch?" lautet die simple Kaufaufforderung, die einem zugeraunt wird. Nun hat sich in der Bundeshauptstadt eine "ganz große Koalition fürs Kiffen" (Berliner Morgenpost) gebildet. Die Legalisierung des Konsums von Cannabisprodukten ist schon lange erklärtes Ziel des Senats.

"Aus Einsicht" solle auf Drogen verzichtet werden

In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD und PDS Anfang 2002 darauf geeinigt. Bisherige Versuche der Landesregierung scheiterten jedoch an anderen Bundesländern. Die Grünen stehen den Genossen in nichts nach. Nun aber versucht auch noch die FDP eine Vorreiterrolle bei der Legalisierung des Drogenkonsums zu spielen.

Vor einem Monat brachte die Partei unter dem Titel "Vernünftiger Umgang mit Cannabisprodukten" einen Antrag ins Parlament ein. Die Liberalen in der Hauptstadt wünschen sich allen Ernstes einen "bewußten Umgang mit Drogen aller Art". Auf Drogen werde aus Einsicht verzichtet und nicht, "weil man dazu gezwungen wird", heißt es in dem Antrag weiter. Das stimmt natürlich nur dann, wenn Drogen überall und jederzeit verfügbar sind. Würde dem illegalen Handel Einhalt geboten, gerieten die meist jugendlichen Konsumenten gar nicht erst in Versuchung.

Die FDP fordert jedoch neben der Freigabe sogenannter weicher Drogen die Einrichtung von Coffee-Shops. Dort sollen Haschisch und Marihuana an jedermann ab einer bestimmen Altersgrenze verkauft werden.

Dadurch würde angeblich der legalisierte Markt vom Markt für Drogen wie Heroin und Kokain getrennt. Experten halten das für eine Wunschvorstellung.

Zu diesem Zweck soll nach dem Willen der Liberalen der Wirkstoff THC aus dem Betäubungsmittelgesetz entfernt werden. Unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Forschung sollen Verkauf und Besteuerung von Drogen getestet werden. Erstaunlich liest sich dann der Satz "Globales Ziel muß die Verringerung von Mißbrauch und Sucht und deren Begleiterscheinungen sein". Warum wird dann gefordert, alles zu tun, damit noch mehr Menschen süchtig werden? Einzig die längst überfällige Freigabe von Cannabisprodukten für Schwerkranke sticht positiv aus dem liberalen Forderungsportfolio hervor. Da sich nur die CDU dem Vorhaben der Koalition aus SPD, PDS, Grünen und FDP widersetzt, wird in Berlin wohl bald der erste Coffee-Shop eröffnet. Bei der PDS ist man glücklich über die bürgerlichen Bündnispartner. "Die liegen voll auf unserer Linie", erklärte die Abgeordnete Minka Dott gegenüber der Berliner Morgenpost.

Die Polizei ist bereits angewiesen, den Besitz von kleineren Mengen nicht mehr zu verfolgen. Dazu gehört Haschisch oder Marihuana in einer Größenordnung von bis zu fünfzehn Gramm. Für einen regelmäßig Kiffenden dürfte das eine Wochenration ausmachen. Die Grünen wollen die Grenze gar erst bei dreißig Gramm setzen.

Bei karitativen Einrichtungen, die sich um Drogensüchtige kümmern, ist man wenig begeistert von dem Vorhaben. Michael Frommhold, der Pressesprecher von Synanon, befürchtet, daß "die Probleme dann größer, nicht kleiner" werden. "Denken Sie an den Drogentourismus nach Holland. Wenn mehr Drogen verfügbar sind, dann werden auch mehr genommen", warnt Frommhold. Und weiter: "Gerade jetzt, wo so wenig Geld da ist, warum soll man sich da noch so was ans Bein binden?" Synanon ist eine einzigartige Einrichtung in der Hauptstadt, die Süchtigen einen sofortigen Entzug in ihrem Heim anbietet. Alkohol, Drogen und Nikotin sind dann von einem Moment zum nächsten tabu. Das gleiche gilt für den Kontakt zum bisherigen Umfeld. Nur so gelingt es Aussteigern aus der Drogenszene, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Synanon hilft bei Problemen mit Gläubigern und bietet sogar Berufsausbildungen an. Dafür bekommt der Betrieb fast keine staatlichen Mittel. Das Geld spielen die stiftungseigenen Betriebe und Spenden ein. Synanon hilft im Jahr rund fünfhundert Menschen, wieder auf die Beine zu kommen.

Der Vorstandsvorsitzende von Synanon, Peter Elsing, warnte bereits im Mai diesen Jahres im JF-Interview vor den Folgen einer nicht ausstiegsorientierten Drogenpolitik (JF 20/03). Für die Zukunft hatte Elsing düstere Aussichten. Er sehe eine weitere Zuspitzug des Problems, so Elsing im JF-Gespräch. Ursache hierfür seien nicht zuletzt die fehlende Wertevermittlung der Elterngeneration. Politischer Widerstand gegen die Legalisierungsborhaben regt sich jedoch nur bei der CDU. Frank Hufnagel, Pressesprecher der Berliner CDU-Fraktion, hält die Vorstellung, die Märkte von "weichen" und "harten" Drogen ließen sich trennen, für "graue Theorie". "Unsere Befürchtung ist, daß der Zugang zu harten Drogen durch die Freigabe von Cannabis noch erleichtert wird", erklärte er angesichts der Gesetzesinitiative.

Der Ex-Liberale Markus Roscher wirft der FDP einen "falsch verstandenen Freiheitsbegriff" vor. Zu den gesellschaftlichen Folgen einer Drogenfreigabe gehöre eine Ausbreitung der Sucht, weil es jungen Menschen den Weg in die Szene ebene. Und Sucht habe zwanghaftes Verhalten zur Folge, das sei wiederum weniger und nicht mehr Freiheit. Drogenfreigabe sei "ein moralischer Türöffner in die Illegalität", so Roscher. Der Jurist trat vor fünf Jahren wegen ihrer laschen Haltung insbesondere in Fragen der Inneren Sicherheit aus der Partei aus. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erklärte er: "Über die lächerlichen Versuche der FDP, sich ins Gespräch zu bringen, könnte ich eine Doktorarbeit schreiben." Heute gehört er der Berliner CDU an.

Selbst JU-Verbände fordern Drogenfreigabe

Wie lange er dort glücklich sein wird, ist ungewiß. Denn aus dem Norden der Republik hört man bereits aus christdemokratischen Mündern altbekannte linksliberale Drogenfreigabe-Parolen. Im Mai letzten Jahres verkündete die Junge Union Flensburg unüberhörbar stolz, sie sei der "erste Kreisverband der Jungen Union Deutschlands", der sich "für die Legalisierung von Cannabis" einsetze. Statt des eigentlich zu erwartenden Sperrfeuers aus anderen Unions-Gliederungen kommt nur der schwächlich vorgetragene Hinweis, es handle sich doch "nur" um einen Kreisverband und dessen "nicht ganz ernstzunehmenden" Thesen.

Kiffende Jungs wie in Bad Saarow könnten somit in nicht allzu langer Zeit auch in Ravensburg oder vielleicht sogar in Bad Tölz zum Bild gehören.

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