Für den Berliner Staatsanwalt Sebastian Buschhoff war die Sache klar: Nur durch eine längere Haftstrafe kann Sawis J. noch beeindruckt werden. Deswegen forderte er zwanzig Monate Jugendgefängnis für den 16jährigen Wiederholungstäter aus dem Iran. Diese wurden jedoch vom Jugendgericht zur Bewährung ausgesetzt. Der Jugendliche hatte an der Gustav-Heinemann-Oberschule im April fünf Lehrer verprügelt. Einem schlug er auf den Kopf, einem aufs Jochbein, einem ins Gesicht, so daß dessen Brille herunterfiel. Einem Mathematiklehrer zertrümmerte er schließlich mit einem gezielten Kopfstoß die Nase. Der Auslöser dieser Gewaltorgie waren typische pubertäre Streitigkeiten. Sawis J. war zu Ohren gekommen, daß seine fünfzehnjährige Freundin Irene von Schulkameradinnen als „Schlampe“ tituliert würde. Er begab sich zur Schule seiner Freundin und stellte die betroffenen Mädchen auf dem Schulhof zur Rede. Als die Lehrer eingreifen wollten, reagierte er in der geschilderten Art und Weise. Sandra Witschel (22), die vor drei Jahren an der Schule ihr Abitur gemacht hat, zur JUNGEN FREIHEIT: „Damals war alles noch ganz ruhig, nicht gewalttätig. Es gab keine Drogen. Die Deutschrussen wurden in Integrationsklassen unterrichtet.“ Die Verrohung auf den Schulhöfen hat den bürgerlichen Außenbezirk Berlin-Marienfelde erreicht. Der Berliner Polizei ist Sawis J. kein Unbekannter. Es stellte sich heraus, daß er bereits in sechzig Delikte verwickelt gewesen sei, berichtete übereinstimmend die gesamte lokale Presse. Weil Sawis J. niemals vor ein Gericht gekommen ist, wurde der Serienstraftäter in der Hauptstadt zum Politikum. Ausländische jugendliche Serientäter gibt es in Berlin zuhauf. 300 Intensivtäter will das Boulevardblatt BZ ausgemacht haben. Es berichtet reißerisch über den arabischen und türkischen Verbrechernachwuchs. Vergangene Woche wurde ein Sonderdezernat aus sieben Staatsanwälten gegründet, das ausschließlich solche Intensivtäter verfolgen soll. Die Richter entließen Sawis J. aus der U-Haft nun wieder in die Obhut seiner Familie. Ob er da gut aufgehoben ist, ist fraglich. Die Mutter hatte den Schulleiter nach der Festnahme ihres Sohnes bedroht. Sie würde mit starker, männlicher Begleitung zurückkommen, wenn er nicht dafür Sorge trage, daß ihr Sprößling auf freien Fuß käme. Der Angeklagte fiel bereits als 13jähriger auf Insbesondere beim Vater, gegen den ebenfalls Ermittlungsverfahren laufen, ist Sawis J. in schädlichen Händen. Taghi J. wird seinem Sohn wohl kaum jemals die Leviten lesen. Jedenfalls nimmt er ihn in der Öffentlichkeit weitgehend in Schutz, während er wüste Beschimpfungen ausspricht. Auff seiner Seite im Internet beklagt er die vermeintliche Xenophobie der Deutschen im allgemeinen und das Schicksal seines Sohnes im speziellen (www.un-gerechtigkeit.de). Bei der Schilderung von Erlebnissen seines Sohnes bezeichnet er dessen Lehrer schon mal als „Abschaum“. Deutschland sei „ein armer Staat“, weil es „psychischen Terror“ gegen Schulkinder dulde. J. weiter: „Ist diese Schulpsychologin eine Psychopathin?“ Und: „Bilden Sie Nazis aus oder weltoffene Menschen?“ Die Lehrer der Schule gehörten in U-Haft, fordert er unter anderem weiter. „An der Spitze der Stimmungsmacher“ will J. den Berliner Innensenator Erhard Körting (SPD) ausgemacht haben. Die Polizei fordert er auf, die „60, 62 beziehungsweise 63 Fälle aufzudecken, die sie meinem Sohn anlasten“. Aus der Anklageschrift zitiert er den Staatsanwalt Buschhoff: „Der Angeklagte fiel bereits vor seinem vierzehnten Lebensjahr auf.“ J. kommentiert diesen Satz mit folgenden Worten: „Diese Aussage soll eine Ohrfeige ins Gesicht derer sein, die behauptet hatten, daß mein Sohn bereits mit neun Jahren zuschlug.“ Ein einziges Mal nur verurteilt er die Tat seines Sohnes „so wie die der Lehrer und der Polizei“. Dann analysiert er messerscharf, daß „Sexualtäter, Drogendealer, Messerstecher, Kinderschänder und korrupte Politiker“ frei rumlaufen dürften. „Iraner haben Sie hier mit Respekt zu behandeln“, fordert er weiterhin. Überhaupt liegt ihm viel an seiner Heimat. Unter dem Menüpunkt „Über uns“ erreicht man eine Seite mit einer Irankarte und einer Kurzinformation über sein Land. Die Seite ist überschrieben mit „Leben in einem Rechtsstaat“. Die „Pressesöldner“ und ihre „Drecksverbreitungen“ stellt er gesondert vor. „Ihre Zeitungsblätter sind nicht mal als Klopapier zu gebrauchen“, hat J. festgestellt. Dem „sogenannten Volk der Denker“ wirft er vor, mit seiner Gegenwart und Vergangenheit nicht fertig zu werden. Der Skandal, dem sein Sohn zum Opfer gefallen sei, werde einen „langen Schatten der Schande über dieses Land werfen“. Im Zusammenhang mit der Verlotterung des Schulwesen fordert er explizit: „Aufräumen“. Die Berliner Bürger können nur hoffen, daß zunächst aber das siebenköpfige Sonderdezernat unter den kriminellen Jugendlichen aufräumt.