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Heiße verbale Attacken

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Cato, Weidel, Exklusiv

FKK-Krieg an deutsch-polnischer Grenze“. Wie bitte? Kaum ist die Gemüseschlacht zwischen Kreuzberg und Friedrichshain geschlagen, bei der sich Interessierte auf der Oberbaumbrücke mit faulem Gemüse bekämpfen, das nächste Scharmützel? Oder doch nur der nächste Sommerloch-Beitrag der Bild-Zeitung kurz vor dem Verbot der Überraschungseier? Mitnichten. „Das mit der nahtlosen Bräune ist tatsächlich ein kleines Problem an der Grenze“, erklärt FKK-Spezialist Nicolas Bernhard vom NDR-Studio Greifswald im RBB-Inforadio. Das Problem dabei – die Grenze am Ostseestrand zwischen Ahlbeck und Swinemünde gibt es nicht mehr. Ende Dezember wurde die Öffnung des Grenzüberganges auf der Insel Usedom mit großen Hallo gefeiert. Aber keiner dachte an die Folgen. Denn nur wenige Meter von der ehemaligen Grenze entfernt frönte der FKK-Strand von Ahlbeck sein Nischendasein. Das hat nun ein Ende, und so prallen die Kulturen direkt aufeinander. Hier die hüllenlosen Deutschen, dort die bekleiden Polen, die im sittenstrengen Nachbarland bis dato kaum Freikörperkultur kannten. „Scheußlich“, sagen die einen, „Gaffer“, schimpfen die anderen. Da ist er wieder, der altbekannte Ost-West-Gegensatz. Diesmal nur mit anderer Richtung. Dabei hatte man fast geglaubt, die „Ossi“/“Wessi“-Fehden in puncto FKK-Zu- und Abneigung hätten sich erledigt. Kaum ein Sommer verging, ohne daß man von Scharmützeln zwischen bekleideten „Wessis“ und textilfreien „Ossis“ hörte. Um jeden Meter Strand wurde gerungen. Und es blieb nicht nur beim Naserümpfen. Heiße verbale Attacken wurden geritten. Ja, selbst von handfesten Schlägereien ist die Rede. Nicht selten sahen sich die FKKler aus den neuen Bundesländern im Interessenkampf mit den bekleideten, finanzstarken „Altbundis“ benachteiligt. Und das vor dem Hintergrund der stolzen FKK-Bewegung zwischen Saßnitz und Plauen. Heißt es doch, gerade in der DDR habe die Freikörperkultur ihre besondere Tradition entwickelt: „Die FKK-Bewegung war eine Massenbewegung der DDR – manche meinen die einzig freiwillige“, liest man dann auch im neu erschienenen Buch „Sommer, Sonne, Nackedeis – FKK in der DDR“. Demnach hatten 80 Prozent der DDR-Familien ihre FKK-Erfahrung. Hart erkämpft von den Mächtigen, die nur widerstrebend vom Nacktbadeverbot abrückten und den Textilfreien so die Räume zugestanden. So entwickelte sich die „kleine Republik nach und nach“ zum „Paradies der Nacktbader“, liest man. Dann kam die Wende. Übrig blieben mancherlei Unbehagen und der trotzige Stolz auf Überwindung der strengen katholischen Sexualmoral im Süden und Westen Deutschlands. Doch nun, da sich die „FKK-Ossi/Wessi“-Spannungen zwischen den Ostsee-Badeorten Boltenhagen und Ahlbeck langsam, aber sicher zu entspannen scheinen, brechen sie woanders von Neuem auf. So auf der Insel des Feringasees im Nordosten Münchens. Berichten des Münchner Merkur zufolge prallen hier aber nicht religiöse Gefühle und atheistische Textilfreie aufeinander, sondern Nacktbader und Grillfreunde. Ja, es wird gar von handgreiflichen Zusammenstößen berichtet. Die FKKler beanspruchen den ihnen zugesprochenen Bereich und wollen sich der Übermacht der Griller nicht beugen. Der Protest fruchtete, denn der Kreistag entschied: Die Insel bleibt FKK-Revier. Grabenkämpfe gab es jüngst aber auch in Münchens Englischem Garten. Hier will die staatliche Schlösser-, Gärten- und Seenverwaltung gegen die allgemeine Verwahrlosung vorgehen. Und so soll es Zechern, Radlern, Eisbachsurfern oder Hundebesitzern an den Kragen gehen. Nur die FKKler, die sich Anfang der achtziger Jahre ihren Freiraum erkämpft haben, bleiben verschont. Das, so der Donaukurier, versprach jedenfalls Parkchef Thomas Köster: „Die Nackerten stehen in München unter Naturschutz.“ Und auch Nicolas Bernhard vom NDR glättet die Wogen im deutsch-polnischen Kriegsgeschehen, indem er erklärt, das dies „kein Kampf gegen die Deutschen“ sei – „vor allem Polinnen“ seien von der polnischen Sittenstrenge „betroffen“.         Thomas Kupfermann (Hrsg.): Sommer, Sonne, Nackedeis – FKK in der DDR, Eulenspiegel Verlag, Berlin 2008, gebunden, 159 Seiten, 14, 90 Euro Foto: Viel Wind im alltäglichen Kampf um den textilfreien Badegenuß: „Scheußlich“, sagen die einen, „Gaffer“, schimpfen die anderen

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