Anfangs wußte ich nicht, ob ich ein deutscher Eurasier bin. Ich wurde zwar als „Odin“ hier in Deutschland, genau in Potsdam, geboren. Doch immer öfter waren wir in Spanien, Gran Canaria, wo wir in unserem Haus direkt am Meer wohnen und ich mit anderen Hunden super rumtollen kann. Früh lernte ich auch mit dem Flugzeug fliegen, und heute will ich auch keine dieser blöden Tabletten mehr, die mir Frauchen angeblich zu meiner Beruhigung gab. Wenn an meiner Hundebox eine alte Socke von Herrchen hängt, dann weiß ich während des Fluges, daß wir alle nahe sind, und habe keine Angst mehr. Und nach vier Stunden komme ich ja dann auch raus aus der Hundebox, rieche Palmen, Meer und Strand und mein spanisches Leben beginnt. Ich bekam auch einen spanischen Impfpaß und hörte die fröhliche Anmerkung des Tierarztes: „Der erste deutsch-spanische Eurasier mit dem Doppelpaß“. Eigentlich gefiel es mir in dem Land mit den vielen rumstromernden Hunden und Katzen zunächst ganz gut – zumal ich mir auch ein ganz weißes Weibchen, meine Oda, auswählte und wir seitdem zusammenleben. Doch was anfangs so sonnig aussah, wurde zunehmend durch die tierfeindliche Brutalität im Süden doch sehr getrübt. So wollten Frauchen und ich einmal mit dem Bus nach Hause. Doch denkste: „No perros“ – Hunde nicht erlaubt, sagte der Busfahrer. Also wollten wir ein Taxi nehmen. Aber auch der Taxifahrer wollte uns nicht mitnehmen. Dasselbe passierte uns, als wir eine Panne in den Bergen hatten. Das gerufene Taxi ließ uns alleine stehen, weil die Beförderung von Hunden untersagt sei. So mußten wir uns von Freunden abholen lassen und waren alle froh, daß wir diese telefonisch überhaupt erreicht hatten. Kürzlich wollten wir Freunde im „Las Canarias“, einem Fünf-Sterne-Hotel der Inter-Conti-Gruppe, besuchen. Doch schon am Eingang kam uns ein Uniformierter mit strenger Miene entgegen: „No perros!“ Als Herrchen den Direktor sprechen wollte, kam ein weiterer Uniformierter von der Rezeption und zeigte uns die Hausordnung: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß Hunde in unserem Hotel nicht gestattet sind“, stand da zu lesen. So konnten wir nicht in das Fünf-Sterne-Hotel und mußten die Freunde bei uns zu Hause treffen. Auch Restaurant-Besuche sind ein besonderes Risiko. Irgendeine Vorschrift verbietet den Wirten die Gastfreundschaft gegenüber uns Hunden. So werden wir oft, wenn wir eine Gastwirtschaft betreten, schon am Eingang aufgefordert, wieder zu gehen: „No perros! – Hunde nicht erlaubt!“ Herrchen pflegt dann neuerdings wohl etwas poetisch-resignierend zu antworten: „No perro, no dinero – Kein Hund, kein Geld“ – und wir gehen. Doch lästig ist das schon, denn nach einem schönen langen Ausflug möchte ich gern meine Hundeschüssel mit frischem Wasser haben … Neulich erzählte mir mein Mischlings-Kumpel „Oleh“, der hinten am Strandende schläft und morgens zum Spielen immer zu mir und Oda rüber- kommt, lange hätten er und die anderen Strandhunde nicht mehr zu leben. Der Grund: Wenn die Touristen-Saison zu Ende ist, legen sogenannte Strandwächter (von den Behörden offenbar beauftragt) Gift am Strand und in den Parkanlagen aus – und nur wenige Tiere überleben. Oda und ich waren wirklich erschrocken. Von unserem Hausnachbarn hörten wir dann, daß ihre deutsche Dogge nach dem Fressen von Gift im Park von Puerto Rico elendig zugrundeging. Die Nachbarin hatte sie wenige Minuten zum Lösen von der Leine freigemacht. Das hatte gereicht … Alle Beschwerden bei den Behörden nützten nichts, hörten wir die Nachbarn berichten. Jetzt haben sich einige Deutsche zu einer Bürgerinitiative vereint, um auf diesen regelmäßigen Hunde-Massenmord in Spanien aufmerksam zu machen und Alternativen zu finden. Als wir das hörten, waren wir doch alle sehr traurig – und Oda und ich wußten, wo wir zu Hause sind. Doppelpaß – nein danke! Nachtrag: Unser Lieblings-Restaurant „La Forchetta“ in Berlin hat einen Chef aus Italien bekommen. Als wir jetzt dort auf der Terrasse Platz nehmen wollten, hieß es plötzlich: „Keine Hunde bitte!“ Protest war zwecklos: So konnte Herrchen nur wiederholen: „No perro, no dinero“ – und wir gingen und werden nicht wiederkommen. Aufgezeichnet von Hans-Ulrich Pieper Odin: Der Eurasier gilt als neue Wunder-Rasse der Hunde. Vom Nobelpreisträger Konrad Lorenz und dem Züchter Julius Wipfel wurden vor 40 Jahren die ersten Hunde dieser neuen Rasse aus Chow-Chow, dem asiatischen Samojeden und dem Deutschen Spitz gezüchtet. Das Zuchtziel: ein intelligenter, anpassungsfähiger, ausgeglichener und gesunder Familienhund. Das Ziel wurde voll erreicht. Auf einen Welpen muß man bis zu zwei Jahre warten. Odin mit seiner Gefährtin Oda: „No perro“ – Hunde nicht erlaubt
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