KÖLN. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) hat erneut eine mangelhafte Berichterstattung bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eingeräumt. „In dieser Nacht hat es eine Vielzahl sehr lokaler, aber keine landesweiten Meldungen gegeben, sodaß die Lage äußerst unübersichtlich wurde“, sagte eine Sprecherin der Bild-Zeitung. Die Verantwortlichen teilten jedoch „die Einschätzung, daß der WDR in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag noch umfangreicher hätte berichten müssen“. Der Sender werde den Vorfall umfassend aufklären, 80 Stunden Live-Material sichten und jeden Schritt der Meldekette prüfen.
Allerdings zeigen Gefahrenhinweise an die Landesrundfunkanstalt, die dem Blatt vorliegen, daß der WDR bereits am Vormittag des 13. Juli, also am Dienstag, über den einsetzenden Starkregen gewarnt worden sei. Am Tag darauf sei der Sender dann ab den frühen Morgenstunden bis zum Abend mit Warnungen vor einer massiven Überflutungsgefahr durch Dammbrüche, Ausfall der Stromversorgung und Evakuierungen von Ortsteilen „regelrecht bombardiert“ worden. Allein 34 Warnmeldungen seien aus seinem Sendegebiet eingegangen.
WDR blieb bis 01.30 Uhr beim Standardprogramm
Kurz nach 22 Uhr habe etwa die Leitstelle Oberbergischer Kreis geschrieben: „Lebensgefahr: Hochwasser/Überflutung in Radevormwald“. Etwas mehr als eine Stunde später hieß es: „Evakuierung: Drohender Überlauf der Wuppertalsperre“. Der WDR bliebt laut Bild bis 01.30 Uhr aber bei seinem Standardprogramm.
Der Sender wies in einer Stellungnahme vom Mittwoch darauf hin, bereits ab Montag morgen auf den angekündigten Starkregen hingewiesen zu haben. Ab Dienstag morgen habe der WDR dann die amtlichen Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes mit den jeweils betroffenen Gebieten in den Nachrichten vermeldet. Am Mittwoch abend sei im WDR-Fernsehen ab 20.15 Uhr ein viertelstündiges „WDR extra“ und von 22.04 bis 22.34 Uhr ein „WDR aktuell“ ausgestrahlt worden. Ab Mitternacht habe man die Zuhörer auf WDR5 im Radio alle 15 Minuten informiert.
Laut Rundfunkgesetz müssen öffentlich-rechtliche Sender den Behörden ein „Drittsenderecht“ einräumen und amtliche Gefahrendurchsagen „unverzüglich“ ausstrahlen. Sowohl SWR als auch WDR hatten am Dienstag erklärt, daß die Landesregierungen in Düsseldorf und Mainz nicht davon Gebrauch gemacht hätten.
„Sich auf den WDR zu verlassen, kann lebensgefährlich sein“
Bereits am vergangenen Donnerstag hatte es scharfe Kritik am WDR gegeben, der mit rund 4.200 Mitarbeitern und 1,63 Milliarden Euro Zwangsgebühren jährlich die größte Landesrundfunkanstalt Deutschlands ist. „Sich auf den WDR zu verlassen, kann lebensgefährlich sein“, resümierte der Branchendienst DWDL.de.
Der WDR hatte sich anschließend teilweise verteidigt. Das WDR-Studio Wuppertal sei so stark vom Unwetter betroffen gewesen, daß es ab 3 Uhr nicht mehr selnber senden habe können. Der Verantwortliche für „Aktuelles“, Stefan Brandenburg, bereute zwar, nicht auf allen Wellen aus dem Standardprogramm der ARD ausgestiegen und Sondersendungen ausgestrahlt zu haben. Im Nachhinein sei man jedoch immer klüger. (ls)