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Maybrit Illner: Die ganze Spanne der Qualitätsskala

Maybrit Illner: Die ganze Spanne der Qualitätsskala

Maybrit Illner: Die ganze Spanne der Qualitätsskala

Illner
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Sendung von Maybrit Illner zum Thema: „Rechts, links, quer – wer profitiert von Angst und Spaltung?“ Foto: ZDF-Mediathek
Maybrit Illner
 

Die ganze Spanne der Qualitätsskala

Zumindest über zu wenig Aufmerksamkeit für sich und seine Partei konnte sich AfD-Chef Tino Chrupalla in der Sendung von Maybrit Illner zur Frage „Rechts, links, quer – wer profitiert von Angst und Spaltung?“ nicht beschweren. Es war aber vor allem Sahra Wagenknecht, der es gelang, eine Brücke zwischen den Lagern zu schlagen. Eine TV-Kritik von Boris T. Kaiser.
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Zumindest über zu wenig Aufmerksamkeit für sich und seine Partei konnte sich AfD-Chef Tino Chrupalla am Donnerstag abend nicht beschweren. Mehr als ein Drittel der Sendung zum Thema „Rechts, links, quer – wer profitiert von Angst und Spaltung?“ widmete Maybrit Illner der Alternative für Deutschland und ihrem neu losgebrochen innerparteilichen Lagerkampf.

Die beste Figur in der ZDF-Polit-Talkshow machte jedoch eine Andere. Einmal mehr war es ausgerechnet die Linkssozialistin Sahra Wagenknecht, der es, ganz im Sinne des Sendungstitels, gelang, eine Brücke zwischen Angst und Spaltung zu schlagen und das Lager der sogenannten Querdenker und Corona-Skeptiker am sympathischsten zu vertreten.

Auf das für solche Runden eigentlich übliche AfD- und „Covidioten“-Bashing läßt sie sich kaum ein. Betont lediglich, daß die berechtigte Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung durch bestimmte Leute auf den Demonstrationen und im Bundestag diskreditiert werde. Die Öffentlichkeit würde sich aber zu sehr auf deren „Absurditäten“ konzentrieren. Schuld an der Wut und der Unzufriedenheit der Leute seien allerdings nicht Rechte oder die AfD, sondern die Regierung.

„Keine funktionsfähige Demokratie“

Auch in der Debatte um NS-Vergleiche und Begriffe wie den des „Ermächtigungsgesetzes“ findet Wagenknecht die richtige Formel: „Wir haben keine Corona-Diktatur, aber wir haben auch keine funktionsfähige Demokratie“, sagt sie und bringt damit die Vorbehalte vieler Menschen gegen das Infektionsschutzgesetz und die immer weitergehenden Corona-Regeln auf den Punkt.

Die Linke kritisiert auch den „Zungenschlag“ des zugeschalteten Innenministers von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), der den Platz auf der anderen Seite der Talkshowpolitiker-Qualitätsskala einnahm und so ziemlich alles zum Besten gab, was ein Vertreter der Macht in so einer Situation nicht sagen sollte. Auf die Frage der ZDF-Moderatorin, ob die Politik denn vorschnell alle zu „Covidioten“ erklärt habe, die die Corona-Maßnahmen kritisierten, antwortet der CDU-Mann süffisant kopfschüttelnd: „Das glaube ich nicht.“

Zwar müsse man die Sorgen der Menschen ernst nehmen, die Hauptgefahr, vor der die Politik warnen müsse, sei aber das, was sich da unter den Demonstranten „entwickelt“. Er „erwarte auch von denen, die ernsthafte Sorgen haben“, daß sie sich von den „rechtsextremen Kräften“ auf ihren Kundgebungen „trennen“, lautete die Ansage des Innenministers an den Plebs auf der Straße.

Reul verkennt Schutz der Versammlungsfreiheit

Daß er offensichtlich nicht nur wenig Feingefühl für das Verhältnis zwischen Volk und Volksvertretern hat, sondern vor allem für einen Innenminister auch erschreckend wenig Ahnung vom deutschen Versammlungsrecht, beweist der CDU-Politiker als er behauptet: „Ich muß nicht jeden mitlaufen lassen in meiner Demonstration.“

„Doch, mußt Du, wenn derjenige sich an die Regeln hält!“, mochte wohl jeder in diesem Moment Reul zurufen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat nicht ohne Grund mehrfach bestätigt, daß die Freiheit zur Versammlung einen besonderen Schutz genießt. Bestimmen, wer kommen darf und wer nicht, kann man auf einer Privatveranstaltung, nicht aber auf einer öffentlichen Demonstration. Schon der Begriff „öffentliche Demonstration“ könnte sowohl dem Laien wie auch dem „Polit-Profi“ aus dem Innenministerium ein Hinweis sein.

Die letzten 20 Minuten ging es denn tatsächlich fast nur noch um die AfD. Die Parteitagsrede von Jörg Meuthen habe nach „Nazis raus“ geklungen, hielt Illner Chrupalla vor, und wird damit vermutlich unwissentlich diejenigen in der Partei, die Meuthen spätestens seit seiner Rede der Antifa zuordnen, aus der Seele gesprochen haben. Der Co-Vorsitzende der AfD will sich dagegen auch an diesem Abend bewußt nicht für eines der Lager seiner Partei entscheiden.

„Auch aus Verzweiflung können Zweifel erwachsen“

Der Journalist Georg Mascolo warf der AfD im Laufe der Sendung dann unter anderem vor, sie bediene mit ihrer Teilnahme an den „Querdenker“-Demonstrationen Verschwörungstheorien, wolle die Wut der Menschen ausnutzen und sei dabei „nicht wählerisch“. Mit Blick auf den Vorfall mit den von AfD-Abgeordneten in den Bundestag eingeladenen Gästen bei der Debatte über die Neuregelungen im Infektionsschutzgesetz sagte Mascolo, daß dieser gerade von der Polizei auf „ungewöhnlich akribische Weise“ untersucht werde.

Eine Tatsache, die für so manchen Zuschauer wohl mehr über die Motivation der Ermittler aussagen dürfte als über die, gegen die da so ungewöhnlich akribisch ermittelt wird. Immerhin betonte aber auch der ehemalige Spiegel-Chefredakteur gegenüber Innenminister Reuel, daß auch „hochvernünftige“ Leute bei den Demonstrationen auf die Straße gingen. Die Versammlungsfreiheit sei ein „hohes Gut“, unterstreicht er und kritisiert die gerichtlich schnell korrigierten starken Einschränkung dieses Gutes im Frühjahr.

Auch aus Verzweiflung könnten übrigens Zweifel erwachsen, gibt Mascolo zu bedenken. Vielem von dem, was der Journalist sagt, werden die beiden „Querdenker“ in der Runde, Wagenknecht und Chrupalla, innerlich zugestimmt haben. Insbesondere der Aussagen, daß Pandemien nie „große Gleichmacher“ gewesen seien, sondern immer die Schwächsten getroffen hätten.

Wenn es um das ungleich verteilte Augenmerk der Politik geht, die sich mehr um Großkonzerne als um den Mittelstand und die kleinen Leute zu sorgen scheint, sind sich offenbar auch im Studio, wie im Land, eigentlich alle relativ einig. Bis auf Reul, der auch hier unbedingt herausstechen will und behautet, er habe eine solche Kritik an der zu einseitig großkonzernfreundlichen Politik der Regierung noch nie gehört.

Wagenknecht und Chrupalla hätten sich keinen einfacheren Gegner wünschen können als Reul, der sich eigentlich den ganzen Abend selbst ins Abseits stellte. Gegen den Minister aus Nordrhein-Westfalen wirkten alle anderen moralisch überlegen und sympathisch.

Sendung von Maybrit Illner zum Thema: „Rechts, links, quer – wer profitiert von Angst und Spaltung?“ Foto: ZDF-Mediathek
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