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TV-Kritik: Die Heimat der anderen

TV-Kritik: Die Heimat der anderen

TV-Kritik: Die Heimat der anderen

Plasberg
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Frank Plasbergs Sendung: Hart aber fair Foto: picture alliance/ dpa
TV-Kritik
 

Die Heimat der anderen

In der Sendung von „Hart aber fair“ zum Thema Heimat wurde vor allem eines deutlich: Wer in der aktuellen Debatte einen konkreten Heimatbegriff verteidigt, muß sich sofort schlimmste Unterstellungen gefallen lassen. Auch Beschwichtigungsversuche helfen da nicht weiter. <>Eine TV-Kritik von Boris T. Kaiser.<>
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„Heimat Deutschland – nur für Deutsche oder offen für alle?“ Schon der Titel der gestrigen „Hart aber fair“-Sendung war für viele ein nationalistischer Tabubruch und sorgte bereits im Vorfeld für einen aufgeregten Shitstorm. Die Aufregung dürfte sich inzwischen gelegt haben. Die Diskussion hatte so gar nichts tabubrechendes oder gar nationalistisches. Stattdessen war es wie immer, wenn in Deutschland über Heimat und Identität gesprochen wird. Es wurde nahezu ausschließlich über die in Deutschland lebenden Migranten und deren „Heimaten“ und „Identitäten“ gesprochen.

Als offizielle Stimme der Deutschen mit Migrationshintergrund hatte die Redaktion die Kabarettistin Idil Baydar eingeladen. Diese bestätigte vor allem, was bereits Enissa Amani bewiesen hat: Eine Kabarettistin mit Migrationshintergrund ist nicht zwangsläufig eine Expertin zum Thema Integration, die man in eine Polit-Talkshow einladen muß.

Eher laut als überzeugend

Wie schon Amani war die Komödiantin eher laut als überzeugend. Baydar machte deutlich, daß sie sich im Grunde schon ausgegrenzt und beleidigt fühlt, wenn man sie als „Biodeutscher“ anspricht. Natürlich durfte in der Argumentation der Tochter von Einwanderern, die ihren Migrationshintergrund zum Beruf gemacht hat, auch nicht die klassische Relativierung – „Der Koran ist auch nicht schlimmer als das Alte Testament der Bibel“ – fehlen. Auch wenn sie damit dem Soziologen, Armin Nassehi, der für solche Relativierungen eigentlich eingeladen war, ein wenig die Show stahl.

Der relativierte natürlich trotzdem fröhlich drauf los. Verglichen mit anderen Weltregionen, so stellt er fest, würden wir in Deutschland noch immer relativ friedlich miteinander zusammenleben. Für den Professor der Ludwig-Maximilians-Universität München ist Heimat vor allem „ein Ort an dem man sein kann, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen, daß man da ist“.

Dieses Heimatgefühl dürften viele konservative Deutsche in diesen Tagen nur noch selten empfinden. Der Soziologe will den Heimatbegriff „ohne Gefühle diskutieren“. Die Folgen der Einwanderung werden von Nassehi pauschal als „Modernisierungsprozeß“ beschrieben. Eine Debatte darüber, ob die, die da einwandern, wirklich die idealen Modernisierungskatalysatoren sind, bleibt freilich aus.

Inzest-Witz über bayerisches Dorf

Wo so viel relativistisch dahergeschwafelt wird, da ist Katrin Göring-Eckardt in ihrem Element. Heimat ist für sie eine „Herzenssache“, die sie ganz fest mit Europa verbindet. „Dazu gehört, wer da ist“, meint die Grünen-Fraktionschefin, und, daß man Heimat immer mitnähme. Dies gelte vor allem für jene, die ihre Heimat „verlassen mußten“.

Hubert Aiwanger von den Freien Wählern lud die „Hart aber fair“-Redaktion auch ein. Wohl weil der Redaktion ein CSU- oder gar AfD-Gast zu diesem Thema dann doch ein bißchen zu viel ungefilterte Heimatliebe mitgebracht hätte.

Als Aiwanger über das Leben in seinem Heimatdorf spricht, steht den anderen Gästen die Langeweile und Verachtung ins Gesicht geschrieben. Baydar fragt ihn, ob es in seinem Dorf mehrere Familien gäbe oder ob das alles eine Familie sei. Man stelle sich vor, jemand hätte einen solchen Inzest-Schenkelklopfer über einen Gast aus einem Dorf in Anatolien rausgehauen.

KZ-Vergleich gegen Nikolaus Blome

Dabei macht der Mann aus Bayern alles, um vor der ach so urbanen Gästerunde nicht als reaktionärer Hinterwäldler dazustehen. Er äußert Verständnis und Sympathien für die „türkische Community“, die in ihrem Viertel ihre Heimat selbst definiert.

Wenn es am „Heimatabend“ der ARD mal ganz kurz um die „schon länger hier Lebenden“ ging, dann steckte dahinter meist eine Anklage. Gegen das „alte Deutschland“, in dem „trennende Fragen“ gestellt werden, „die so sehr nach gestern klingen“, wie es die Dokumentation „Was Deutschland bewegt – Heimatland“, die die ARD vor der Sendung quasi zur Einstimmung ausstrahlte, beschrieb.

In einer solchen Runde gilt selbst ein Nikolaus Blome schon als zu rechts und deutschtümelnd und muß sich Nazivergleiche der übelsten Sorte gefallen lassen. Wenn er sie nach Erdogans Politik und den Beweggründen seiner in Deutschland lebenden Wähler frage, dann könne sie ihn genauso gut danach fragen, wie das damals genau mit den KZs gewesen wäre und ob seine Großmutter dort den Schalter umgelegt hätte, findet die „lustige“ Idil Baydar. Auf die von ihr proklamierten vermeintlichen „universellen menschlichen Werte“ können sich am Ende aber alle einigen. Heimat bedeutet in Deutschland eben für viele vor allem die höchstmögliche Unverbindlichkeit.

Frank Plasbergs Sendung: Hart aber fair Foto: picture alliance/ dpa
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