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Buchrezension: Gender – eine Ersatzreligion mit Nebenwirkungen

Buchrezension: Gender – eine Ersatzreligion mit Nebenwirkungen

Buchrezension: Gender – eine Ersatzreligion mit Nebenwirkungen

Eine Menschenmenge steht in Washington D.C. und hält Transparente hoch – es handelt sich um Angehörige der Gender-Ideologie
Eine Menschenmenge steht in Washington D.C. und hält Transparente hoch – es handelt sich um Angehörige der Gender-Ideologie
Anhänger der Gender-Ideologie demonstrieren im Februar 2025 in Washington D.C. / Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire
Buchrezension
 

Gender – eine Ersatzreligion mit Nebenwirkungen

Die Gender-Ideologie ist eigentlich eine Ersatzreligion – so wissenschaftlich sie manchmal auch tun mag. Die amerikanische Hochschuldozentin Abigal Favale untersucht die biologischen, religiösen, politischen, medizinischen und sozialen Dimensionen nun in einem hochinteressanten Buch.
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Jede Ideologie beinhaltet Glaubenssätze, die für Außenstehende absurd erscheinen. Welche Ziele verfolgt eine Weltanschauung, die Aussagen wie „Heterosexuelle Cis-Männer mit schwarzer Hautfarbe sind die Weißen der Schwarzen“ oder „Nicht alle Menschen mit Periode sind Frauen. Feiern wir die Vielfalt der Menschen, die bluten“ gebiert? Stammt erstes Zitat noch von einer Einzelperson auf Twitter/X aus dem Jahr 2016, ist zweites Teil einer offiziellen Werbekampagne für die Tamponmarke Tampax, die vom milliardenschweren US-Konzern Procter & Gamble hergestellt wird.

Die Reaktionen eines jeden normalen Menschen auf derartige Stilblüten dürften das Spektrum zwischen Verständnislosigkeit, Amüsement und Verärgerung umfassen. Doch ihre Relevanz liegt auf der Hand.

Die vergangenen Jahrzehnte sind vom Siegeszug der Genderideologie geprägt, welcher es gelungen ist, von einem auf US-amerikanische Küstenuniversitäten beschränkten Nischenphänomen zu einer politischen und gesamtgesellschaftlichen Massenbewegung im sogenannten Westen zu werden. In Zeiten zunehmender Säkularisierung hat sie für viele ihrer Unterstützer den Rang einer Ersatzreligion angenommen, worauf der Titel des 2022 erschienenen englischsprachigen Originals „The Genesis of Gender: A Christian Theory“ recht deutlich anspielt.

„Ich habe den Eindruck, meinen Studenten geistiges Gift eingeträufelt zu haben“

Der Titel der nun veröffentlichten deutschsprachigen Ausgabe verkneift sich die Anspielung auf die ersatzreligiöse Dimension des Phänomens, obwohl sie im dezidiert katholischen Herder-Verlag erschienen ist. Ausgangspunkt von Abigail Favale ist ihre Konversion zum Katholizismus 2014 sowie die Geburt ihres zweiten Kindes ein Jahr später.

Beides, so berichtet die Autorin, habe sie in zunehmenden Konflikt zu ihrer beruflichen Tätigkeit gebracht, unterrichtete sie zu dieser Zeit doch – ausgerechnet – Gender Studies an einer kleinen amerikanischen Universität. „Ich habe den Eindruck, meinen Studenten geistiges Gift eingeträufelt zu haben“, vertraute sie sich einem befreundeten Professor an.

Im ersten Kapitel beschreibt Favale ihre persönliche Glaubensgeschichte, die sie vom evangelikalen Christentum über den postmodernen Feminismus bis zum Katholizismus geführt hat. Der Rest des Buches besteht aus einer kritischen Auseinandersetzung mit dem, was sie als das „Gender-Paradigma“ bezeichnet.

Der Körper hat keine Bedeutung

Gemäß dieses Paradigmas „gibt es keinen Schöpfer, so daß es uns freisteht, uns selbst zu erschaffen. Der Körper ist ein Objekt ohne intrinsische Bedeutung; wir können ihm jede von uns gewünschte Bedeutung verleihen und mit Hilfe der Technologie seine ‘natürlichen’ Eigenschaften annullieren. (…) Was wir für ‘wirklich’ halten, ist lediglich ein sprachliches Konstrukt.

Daher sollen wir die Sprache bewußt einsetzen, um die von uns gewünschte Realität heraufzubeschwören.“ Frauen und Männer seien lediglich sprachbasierte Identitäten, die dementsprechend von jedem frei gewählt werden können.

Favale beschreibt die Genderideologie als Kind des Feminismus, obwohl sie dessen ursprünglichen Prämissen strikt zuwiderlaufe. In den einzelnen Kapiteln behandelt sie die biologischen, religiösen, politischen, medizinischen und sozialen Dimensionen des Gender-Paradigmas.

Auf dem Buchcover von "Die geleugnete Natur" von Abigail Favale sind zwei schemenhafte Körper zu erkennen
Abigail Favale: Die geleugnete Natur. 272 Seiten, Herder Verlag, Jetzt im JF-Buchdienst bestellen

Hormontherapien gehören auch bei Minderjährigen zum Alltag

Im Gegensatz zu vielen deutschen Publikationen zu dem Thema verzichtet Favale auf jedwede Polemik. Diese mag zwar angesichts der offensichtlichen Realitätsferne und Absurdität mancher Thesen naheliegen, geht jedoch häufig mit einem Verlust analytischer Tiefenschärfe einher. Und genau die ist es, die „Die geleugnete Natur“ zu einem großen Wurf macht.

Strukturiert arbeitet sich Favale an den Thesen des Gender-Paradigmas ab, beschreibt diese zuerst, zeigt dann deren innere Widersprüchlichkeit auf und scheut nicht davor zurück, in aller Deutlichkeit die teils drastischen Konsequenzen für die Opfer dieser Ideologie anzuführen. Hormontherapien und Brustamputationen auch schon bei Minderjährigen im Rahmen von sogenannten Transistionen gehören im angelsächsischen Raum seit vielen Jahren zur medizinischen Alltagspraxis.

Favale schildert einige erschütternde Beispiele junger Frauen, die ihre Entscheidung heute bereuen und nun gegen die beteiligten Kliniken und Ärzte rechtlich vorgehen. In Deutschland hat das im August vergangenen Jahres verabschiedete „Selbstbestimmungsgesetz“ den rechtlichen Rahmen solcher Maßnahmen den Weg bereitet. Befürworter sprechen von einem großen Wurf für die Betroffenen, die nun endlich „sie selbst“ sein dürften.

Kinder und Jugendliche sind vulnerable Personengruppen

In aller Deutlichkeit wendet sich Favale gegen diese Verdrehung der Wirklichkeit: „Der Reiz der Transistion hat nichts mit dem Selbstausdruck, sondern mit der Selbstzerstörung der Person und der Erschaffung einer völlig neuen zu tun.“ Es sei nichts anderes als eine „Selbstverleugnung im Gewand der Selbstakzeptanz“.

Diese Einschätzung bringt es auf den Punkt. Kinder und Jugendliche sind vulnerable Personengruppen, die dementsprechend besonderen Schutz verdienen. Deutschland versagt hier völlig. Es ist einer der größten Skandale unserer Zeit, daß weite Teile von Politik, Medien, Bildungsinstitutionen und medizinischem Establishment den Einsatz irreversibler Medikation und Operationen zur Geschlechtsumwandlung ermöglichen und als gesellschaftlichen Fortschritt propagieren.

Kritiker dieser Entwicklung werden schnell mit dem üblichen Vokabular – transphob, reaktionär, rechtsextrem – markiert und stigmatisiert. Nur wenige Frauenrechtlerinnen wie Birgit Kelle oder Alice Schwarzer äußern sich bei uns in der gebotenen Deutlichkeit.

Der Bewußtseinswandel wird nach Europa schwappen

Favale geht noch einen Schritt weiter, indem sie fordert, Geschlechtsdysphorie, also das subjektive Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein, als psychische Erkrankung anzuerkennen, um den Betroffenen den Weg zur Heilung zu ermöglichen.

In den USA und Großbritannien hat in den vergangenen Jahren ein Bewußtseinswandel stattgefunden, der sich den wildesten Auswüchsen des woken Zeitgeists entgegenstellt. Wir in Deutschland sind bei dieser Gegenbewegung zehn bis fünfzehn Jahre im Verzug, so daß es erst noch schlimmer werden wird, bevor erst wieder eine Besserung eintritt.

Doch der Blick ins Ausland bereitet Hoffnung. Mutige Stimmen wie Abigail Favale, die, fest in ihrem Glauben verankert, ohne Angst vor gesellschaftlicher Ächtung oder rechtlichen Repressionen das Richtige sagen und detailliert begründen, sollten uns als Vorbild dienen, die Debatte ohne Scheu vor dem öffentlichen Pranger zu führen. Das ist das mindeste, was man von einem echten Konservativen erwarten darf.

Aus der JF-Ausgabe 12/25. 

Anhänger der Gender-Ideologie demonstrieren im Februar 2025 in Washington D.C. / Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire
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