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Buchrezension „Das große Egal“: Antje Hermenau: Die Unwucht wieder einpendeln

Buchrezension „Das große Egal“: Antje Hermenau: Die Unwucht wieder einpendeln

Buchrezension „Das große Egal“: Antje Hermenau: Die Unwucht wieder einpendeln

Das neue Buch von Antje Hermenau befaßt sich mit dem Linksdrift in Deutschland.
Das neue Buch von Antje Hermenau befaßt sich mit dem Linksdrift in Deutschland.
Das neue Buch von Antje Hermenau befaßt sich mit dem Linksdrift in Deutschland Foto: picture alliance / ZB | Volkmar Heinz
Buchrezension „Das große Egal“
 

Antje Hermenau: Die Unwucht wieder einpendeln

Die Republik befindet sich seit Jahrzehnten in einem Linksdrift. Wie es dazu kam, beschreibt Antje Hermenau in ihrem Buch „Das große Egal“ und mahnt eine konservative Korrektur an. Eine Buchrezension von Regina Bärthel.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Die deutschen und europäischen Linken befinden sich im Krieg: gegen Corona, gegen den Klimawandel, gegen Putin. Tatsächlich aber handelt es sich hierbei um Stellvertreterkriege, mit denen die tatsächlichen, meist selbstgebastelten Probleme durch eine nicht selten hysterische Projektion überdeckt werden sollen. Die den Staat wie seine Bürger bedrängenden Probleme liegen hingegen in der Massenmigration mit ihren Auswirkungen auf das Sozialsystem und gesellschaftliche Miteinander, in der Industrie wie Mittelstand bedrohenden Energiekrise sowie in einer dilettantisch, dafür aber um so dogmatischer handelnden Politik und Verwaltung.

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Folgerichtig plädiert Antje Hermenau in ihrem Essay „Das große Egal“ für eine konservative Korrektur nicht nur für Deutschland, sondern für alle liberalen Demokratien: Nur so könne sich die Linksdrift, die zu einer gesellschaftlichen wie politischen Unwucht geführt habe, wieder auf ein ausgewogenes Maß einpendeln, um das Staatsschiff wieder zu stabilisieren. Geschieht dies nicht, so Hermenau, könnte das liberale Modell der Demokratie in Subsysteme zerfallen, die längst nicht mehr demokratisch oder liberal aufträten.

Mehr als einen Vorgeschmack auf illiberale Tendenzen heutiger Demokratien vermitteln die staatlichen Verordnungen der Corona-Zeit wie auch jene zum sogenannten Klimaschutz. Daß die unkontrollierte Masseneinwanderung von Menschen, die die kulturellen Werte Deutschlands nicht teilen – und oft genug nicht teilen wollen – trotz aller andersartigen Verlautbarungen eben nicht zur positiven Entwicklung des Landes und seiner Gesellschaft beitragen, zeigt sich ganz aktuell in massiven pro-palästinensischen und antisemitischen Krawallen: Spät erkennt nun selbst die Ampelkoalition, daß die Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson bei weitem nicht für alle „hier Lebenden“ gilt. Flugs ruft man ein paar vermeintliche Korrekturen aus, um die Wähler zu beruhigen.

Überdynamisierung einer „bunten“ Gesellschaft

Diese Korrekturen bleiben jedoch bloße Lippenbekenntnisse und stützen vielmehr die Thesen Hermenaus. In ihrer Analyse konstatiert sie, wie wenig „Substanz im deutschen Alltagsleben“ noch vorhanden ist und zeigt die krisenhaften Zustände des Landes auf, hervorgerufen durch die Überdynamisierung einer „bunten“ Gesellschaft und eines entfesselten Marktliberalismus. In einem pointierten, bei aller Ernsthaftigkeit humorvollen Ton führt sie den Leser auf eine „launige Reise durch das große Egal der heutigen moralinsauren Zeit“.

Denn einer der vorherrschenden Fehler der Linken sei, daß sie sich einer offenen Debatte verweigerten. Statt dessen stellten sie ihre „Vorschläge zur Erneuerung der Gesellschaft“ als „ausdiskutierte Dogmen“ dar und handelten dementsprechend – oft gegen den ausdrücklichen Bürgerwillen: Dieses „Egal, was unsere Wähler wollen“ sei es, das die gesellschaftlichen Differenzen zwischen Bürgern, Staat und Medien immer weiter verschärfe.

Hermenau fordert erneuerten Konservatismus

Als Antidot zum übergriffigen Moralisieren und den „intellektuellen Manieriertheiten“ der Linken möchte Hermenau wieder zu Aufklärung und Vernunft zurückkehren. Auf dem Weg dorthin greift sie auf Denkansätze zahlreicher Autoren wie Nicolas Baverez, John N. Gray, Karl Jaspers oder William Strauss zurück. Einen Leitfaden bilden auch die Gedanken aus Günter Rohrmosers Buch „Kampf um die Mitte“, in dem er die Grünen – nahezu prophetisch – bereits 1999 als „anarchistische Weltzerstörer“ bezeichnete. Das ist besonders bemerkenswert, da die in Leipzig geborene Antje Hermenau zur Wendezeit (übrigens als einzige Frau) die Grünen in Sachsen mitbegründete und anschließend 24 Jahre lang im Sächsischen Landtag sowie im Deutschen Bundestag als Haushalts- und Finanzpolitikerin aktiv war. Bis sie 2015 aus der Partei austrat.

Hermenau beschließt ihren Essay mit konkreten Ansätzen für eine konservative Korrektur. Hierfür fordert sie jedoch auch einen selbstkritischen und philosophisch erneuerten Konservatismus, der „den aktuellen Zuständen gewachsen sei“. Für Hermenau liegt dieser, so ist eher zwischen den Zeilen zu lesen, irgendwo zwischen Konservativer Revolution der 1920er Jahre und den einst konservativ-christlichen Unionsparteien. Damit tut sich ein weites Feld auf, in dem sich trefflich debattieren ließe: Zeitgemäße konservative Denker finden sich genug.

Leider werden sie bekanntermaßen umgehend hinter die große Brandmauer geworfen und somit konstruktive Debatten vermieden. Hermenau will dies ändern. Für jene, die mit konservativen Werten und Ansätzen vertraut sind, dürfte Hermenau nichts gravierend Neues bieten. Vielmehr ist der Essay ein kluger und überzeugender Leitfaden für all jene, die sich zu den politisch Konvertierten zählen – oder es noch werden wollen oder sollten. Der Essay hat das Potential, so manche Blindheit auf dem linken Auge zu beheben.

 

JF 50/23

Das neue Buch von Antje Hermenau befaßt sich mit dem Linksdrift in Deutschland Foto: picture alliance / ZB | Volkmar Heinz
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