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Lesung in Berlin: Ein dissonantes Vorweihnachtskonzert mit Uwe Tellkamp

Lesung in Berlin: Ein dissonantes Vorweihnachtskonzert mit Uwe Tellkamp

Lesung in Berlin: Ein dissonantes Vorweihnachtskonzert mit Uwe Tellkamp

Schriftsteller Uwe Tellkamp bei der Lesung in der Landesvertretung Sachsen in Berlin: Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zollte ihm Respekt
Schriftsteller Uwe Tellkamp bei der Lesung in der Landesvertretung Sachsen in Berlin: Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zollte ihm Respekt
Michael Kretschmer, Uwe Tellkamp und Tomasz Kurianowicz (v.l.n.r) Foto: JF
Lesung in Berlin
 

Ein dissonantes Vorweihnachtskonzert mit Uwe Tellkamp

Bereits im Vorfeld wurde aufgeregt über den Auftritt des Schriftstellers Uwe Tellkamp mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in Berlin diskutiert. Wütende Zwischenrufe und Applaus erzeugten eine hitzige Atmosphäre.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Warmes Licht flutet an diesem Donnerstagabend durch das Foyer der sächsischen Landesvertretung in Berlin. Zwischen einem guten Dutzend Stehtischen erhebt sich ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum. Drum herum stehen prominente Gäste aus Politik, Kultur und Medien und unterhalten sich angeregt: darunter auch Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt, der Chefredakteur der Berliner Zeitung, Tomasz Kurianowicz, und Susanne Dagen vom Buchhaus Loschwitz in Dresden.

Die Stimmung ist vorweihnachtlich gelöst. Der Schriftsteller Uwe Tellkamp liest aus seinem neuen Buch „Der Schlaf in den Uhren“. Anschließend soll er mit Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) zu einer Diskussion über Tellkamps Buch und den Zustand der Demokratie in Deutschland zusammenkommen. Der Zeit-Redakteur Martin Machowecz moderiert das Panel. Alles wirkt nach wie vor festlich, als Tellkamp zwei Kapitel aus seinem Roman vorträgt.

Tellkamps Treffen mit Ellen Kositza sorgt für Wirbel

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Doch die Atmosphäre im Veranstaltungsaal kippt plötzlich, als Machowecz Tellkamp auf dem Podium ein Treffen mit der rechten Publizistin Ellen Kositza vorhält. Dem Künstler wurde schon in der Vergangenheit eine übergroße Nähe zur politischen Rechten vorgeworfen. Tellkamp nannte die Frage nach dem Warum des Treffens „infam“.

„Warum ist das ein Problem, wenn ich mich mit anderen Leuten treffe, um über Literatur zu sprechen?“, empörte sich der Schriftsteller. In einer funktionierenden Demokratie müsse man so etwas aushalten können. Kretschmer stimmte seinem Diskussionspartner grundsätzlich zu: „Wenn wir nicht mehr miteinander reden, wie soll das dann gehen?“, fragte er.

Der Schriftsteller Tellkamp mahnte unterdessen, das Verhalten vieler Menschen in der heutigen Bundesrepublik erinnere ihn mehr und mehr an die Zeit in der DDR. Zuhause werde anders geredet als in der Öffentlichkeit. Bei der Zeitungslektüre werde vor allem zwischen den Zeilen gelesen. Und auf der anderen Seite würden immer häufiger Gruppierungen wie etwa die Klimaradikalen von der „Letzten Generation“ auftreten, welche demokratische Kompromisse ablehnten. „Die Kommunisten haben damals auch gesagt, sie müßten jetzt um jeden Preis handeln.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) würde bei den jüngsten Razzien in der Reichsbürgerszene einen „Abgrund des Terrors“ klaffen sehen. „Und auf der anderen Seite stehen die Klimakleber und fordern die Abschaffung der Demokratie – und Luisa Neubauer wird verhätschelt. Hier wird mit zweierlei Maße gemessen“, erinnerte er seine Zuhörer. Die wiederum kommentierten seine Ausführungen mal mit wütenden Zwischenrufen, mal mit zustimmendem Applaus.

Kretschmer kritisiert Klima-Kleber

Zeit-Redakteur Machowecz zeigte sich sichtlich irritiert von Tellkamps Stellungnahmen. „Wollen Sie ernsthaft die Klimaaktivisten der ‚Letzten Generation‘ mit den verhafteten Reichsbürgern vergleichen? Das ist doch absurd!“, betonte der Journalist. Auch Michael Kretschmer zögerte bei derartigen Vergleichen. „Ich bin sehr froh über die jüngsten Ermittlungserfolg gegen die Reichsbürgerszene“, unterstrich er. In Sachsen sehe er täglich, wie wirkmächtig Verschwörungstheorien seien. „Die Radikalisierung nimmt weiter zu. Da müssen wir dranbleiben“, forderte der Christdemokrat.

Aber auch er äußerte Kritik an der „Letzten Generation“. „Das Ankleben geht nicht!“, sagte er. Die Mehrheit der Deutschen hätten kein Verständnis für die Klimakleber und deren Aktionen auf Straßen und in Museen. Seinem Diskussionspartner Tellkamp zollte das Landesoberhaupt indessen seinen Respekt. Dieser sei nach wie vor eine gewichtige konservative Stimme in Sachsen, er wünsche sich aber in Zukunft mehr Gelassenheit für den Schriftsteller.

Daß sich der Politiker überhaupt mit dem von den tonangebenden Medien als „umstritten“ skandalisierten Künstler traf, darf indessen als kleine Sensation gedeutet werden. Tellkamp seinerseits gab den von Machowecz erhobenen Vorwurf der Kontaktschuld am Ende des Abends trocken an den Zeit-Redakteur zurück. Über Tellkamp habe dieser jetzt ja auch einmal neben Kositza gesessen. So wurde aus dem Abend ein literarisches Vorweihnachtskonzert voll anregender Dissonanzen.

Michael Kretschmer, Uwe Tellkamp und Tomasz Kurianowicz (v.l.n.r) Foto: JF
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