BOZEN. Die Beratungsstelle Profemina hat im vergangenen Jahr fast 170.000 Frauen begleitet, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befanden. Ihr Durchschnittsalter lag bei 27 Jahren, wie aus dem Report des Vereins hervorgeht.
Sie alle einte eine Frage: Ist Abtreibung die richtige Entscheidung? In der Regel begann die Beratung bei Profemina ab der sechsten Schwangerschaftswoche. In Deutschland bleibt ein solcher Eingriff straffrei, wenn er vor der zwölften Woche nach einem Beratungsgespräch bei einer staatlich anerkannten Stelle stattfindet.
Rund 45 Prozent der Schwangeren tendierten zur Abtreibung
Rund 80 Prozent der Frauen, denen der Verein 2023 zur Seite stand, waren ledig. Während 45 Prozent der Schwangeren zu Beginn der Beratung zu einer Abtreibung tendierten, waren 46 Prozent gänzlich unentschlossen. Neun Prozent tendierten laut dem Bericht dazu, ihr Kind zu behalten.
Die Auslöser, die Frauen mit dem Gedanken spielen ließen, einen solchen Eingriff vornehmen zu lassen, waren vielfältig. Am häufigsten nannten die Schwangeren mit 41 Prozent „biographische Gründe“. So gaben 34 Prozent von ihnen an, gerade ganz andere Pläne zu haben, während fast ein Viertel noch in der Ausbildung oder dem Studium steckte. Knapp 20 Prozent sorgte die Tatsache, den Vater des Kindes noch nicht so lange zu kennen. Andere empfanden es als den falschen Zeitpunkt oder hatten die Familienplanung bereits abgeschlossen.
Viele Frauen fühlen sich überlastet
Fast ein Drittel nannte hingegen eine Überbelastung als Ursache für die Überlegung, abzutreiben. Die Mehrheit von ihnen waren Mütter, die schon mindestens ein Kind hatten und sich nicht imstande sahen, noch mehr Arbeit zu stemmen. Weitere Gründe waren gesundheitliche Probleme, die familiäre oder berufliche Situation sowie der Umstand, alleinerziehend zu sein.
Überbelastung war der häufigste Grund für den Schwangerschaftskonflikt bei Frauen, die zwischen 31 und 45 Jahren alt waren. Bei Frauen unter 20 Jahren waren es zu 64 Prozent biographische Gründe. Die Sorgen veränderten sich also mit dem fortschreitenden Alter.
Reaktion des Mannes hat großen Einfluß auf Schwangere
Ein weiterer gewichtiger Auslöser waren bei Frauen jeden Alters Partnerschaftskonflikte. Sie waren der dritthäufigste Grund, weshalb sie über eine Abtreibung nachdachten. „Meistens ist der Vater des Kindes die erste Person, der eine Frau von ihrer Schwangerschaft berichtet. Somit ist seine Reaktion auf die Schwangerschaft die erste für die Frau und prägt in aller Regel stark, ob sie zuversichtlich oder sorgenvoll darauf blickt“, heißt es in dem Bericht.
Ein gravierender Auslöser für Abtreibungsgedanken seien ablehnende Reaktionen seitens des Vaters des ungeborenen Kindes. Rund 54 Prozent der Frauen in Partnerschaftskonflikten nannten die Angst, alleinerziehend zu sein. 31 Prozent fürchteten zudem, von ihrem Partner verlassen zu werden, wenn sie sich für das Kind entscheiden.
Viele Frauen würden ihr Kind gerne bekommen – aber nicht allein
Am häufigsten sahen die Frauen die Ablehnung des Mannes darin begründet, daß es der vermeintlich falsche Zeitpunkt für ein Kind sei. Aber auch materielle Sorgen sowie die Angst, kein guter Vater zu sein, hielten die Schwangeren für ursächlich.
Wie groß der Einfluß des Kindsvaters auf die Gefühlslage der Schwangeren war, zeigte die Frage, wie es nun weitergehen solle. So gaben 66 Prozent an, das Kind gerne bekommen zu wollen, es gegen den Willen des Mannes zu bekommen aber als „zu hart“ zu empfinden. Ein Viertel tendierte dazu, die Schwangerschaft so oder so fortzusetzen. „Hier wird sichtbar, wie stark die Haltung des Mannes zur Schwangerschaft die Entscheidung einer Frau beeinflußt und wie schwer sein Wort für sie wiegt. So schwer, daß zwei Drittel sich in einem existenziellen Schwangerschaftskonflikt befinden, obwohl sie selbst das Kind ausdrücklich gerne bekommen würden“ wird im Report unterstrichen.
Am Ende entschieden sich 64 Prozent der beratenen Frauen für ihr Baby. Diejenigen Frauen, die aus Sorge um ihre Partnerschaft oder aus finanziellen Gründen über eine Abtreibung nachdachten, sagten mit 73 beziehungsweise 74 Prozent letztlich am häufigsten Ja zu ihrem Kind. Von den Schwangeren, die sich aus biographischen Gründen und einer Überbelastung im Zwiespalt sahen, entschieden sich 41 beziehungsweise 39 Prozent für eine Abtreibung. (zit)