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Fußball-Sammelbilder: Panini und die Ära der Schulhoftauschgeschäfte

Fußball-Sammelbilder: Panini und die Ära der Schulhoftauschgeschäfte

Fußball-Sammelbilder: Panini und die Ära der Schulhoftauschgeschäfte

Kinder tauschen Panini-Sammelbilder: Zur nächsten EM übernimmt ein US-Konzern das Geschäft Foto: picture alliance/KEYSTONE | LAURENT GILLIERON
Kinder tauschen Panini-Sammelbilder: Zur nächsten EM übernimmt ein US-Konzern das Geschäft Foto: picture alliance/KEYSTONE | LAURENT GILLIERON
Kinder tauschen Panini-Sammelbilder: Zur nächsten EM übernimmt ein US-Konzern das Geschäft Foto: picture alliance/KEYSTONE | LAURENT GILLIERON
Fußball-Sammelbilder
 

Panini und die Ära der Schulhoftauschgeschäfte

Jahrzehntelang gehörten die Panini-Sammelalben zu den internationalen Fußballturnieren dazu. Große und kleine Sammler tauschten die bunten Bilder ihrer Stars. Doch nun endet eine Ära zur kommenden Fußball-Europameisterschaft 2024. Zeit für einen nostalgischen Rückblick.
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Eine Ära geht zu Ende. Zur Europameisterschaft 2024 wird es erstmals kein Sticker-Album des italienischen Unternehmens Panini geben. Nach mehr als vier Jahrzehnten sicherte sich stattdessen das US-Unternehmen Topps die Rechte zum Großturnier. Die Partnerschaft der Amerikaner umfaßt außerdem die EM 2028 sowie die Nations League und die Europameisterschaft der Frauen 2025.

„Die Europameisterschaft ist das größte und prestigeträchtigste Fußballereignis auf nationaler Ebene in Europa, weltweit anerkannt, mit einem ganz eigenen Vermächtnis, wenn es um Aufkleber, Sammelkarten und vieles mehr geht“, sagt Mark Catlin, General Manager bei Topps. Für das Bewerben der neuen Produkte haben die Amerikaner keinen geringeren als den Star-Coach Jose Mourinho engagiert. Dieser trainiert aktuell erfolgreich den AS Rom und soll die im EM-Heft enthaltenen Spieler sogar selbst zusammenstellen.

Bei aller kommerzieller Freude bleibt aber festzuhalten: Die Übernahme ist eine Zäsur in der deutschen Sammel-Tradition. Das erste Panini-Heftchen, daß sich dem Fußball widmet und auch auf dem deutschen Markt vertrieben wurde, kam 1976 in den Handel. Zwei Jahre später erschien hierzulande das erste Heft zu einer Weltmeisterschaft, 1978 in Argentinien. Die DFB-Elf bekleckerte sich zum damaligen Zeitpunkt zwar nicht gerade mit Ruhm, der italienische Kleberhersteller ebnete jedoch den Weg zu einer anderen deutschen Erfolgsgeschichte: Der Leidenschaft, die großen Stars des Fußballs in Sammelheften zu vereinen.

Die Stars lagen in der Tupperdose

Seitdem zieht sich die Passion durch Generationen von Kindern und sogar Erwachsenen. Auch ich wurde zum heimischen Sommermärchen 2006 mit dem Klebefieber angesteckt. Auf den fünf Zentimeter mal sieben Zentimeter großen Stickern waren zwar schon lange keine Vokuhila-Legendenbilder wie das vom Rostocker Spieler Mike Werner mehr zu sehen, jedoch erinnere ich mich noch heute an das schelmische Lachen des jungen Lukas Podolski und die blondierte Haarpracht von Bastian Schweinsteiger.

Mike Werner vom FC Hansa Rostock Foto: picture-alliance / dpa | Wüstneck Bernd
Mike Werner vom FC Hansa Rostock Foto: picture-alliance / dpa | Wüstneck Bernd

Zur Europameisterschaft 2008 wurde es dann noch spannender auf den deutschen Schulhöfen. Das hart zusammengesparte Taschengeld wurde wie selbstverständlich in die heiß begehrten Kleber investiert. Da jeder Sammler mindestens die Hälfte der Bildchen doppelt oder sogar dreifach besaß, begann mit jedem Pausengong ein florierender Tauschhandel unter den Fußballverrückten.

Muttis Tupperdosen wurden geöffnet und zum Vorschein kamen die mit Gummiband zusammengehaltenen Stars wie Fernando Torres, Christiano Ronaldo oder Gianluigi Buffon. Der gegenseitige Austausch der Bilder war ein wichtiger Bestandteil des Sozialisierungsprozesses der Sammlerkinder: diskutieren, handeln, Übereinkünfte treffen. In der Woche wurde getauscht, am Wochenende geklebt.

Panini entdeckt die Computerspiele

Heute sind die Tauschbörsen auf den Schulhöfen zum großen Teil geschlossen worden. Das liegt nicht nur an zwei Jahren Pandemie samt Onlineunterricht, sondern auch an verschobenen Interessen der Kleinen. Statt sich an glänzenden Pokalstickern zu ergötzen, werden sie von den Helden ihrer Computerspiele angezogen.

Den Trendwechsel erkennt man auch am heutigen Sortiment von Panini. Zwar führt das Unternehmen auch 2022 noch Sammelartikel der größten Sportligen der Welt, die Grenzen der Jugendkultur reichen jedoch bekanntlich weit darüber hinaus. Deswegen haben die Italiener längst Produkte zu Kassenschlagern der Computerspiel-Branche wie Fortnite oder Minecraft in das Sortiment aufgenommen. Immerhin: Hier muß der Käufer zumindest noch selbst kleben.

Preise erreichen schwindelerregende Höhen

Die Haptik spielt nicht mehr bei allen Produkten eine Rolle. Auch Panini hat sich dem NFT-Trend verschrieben und bietet nun auch rein digitale Sammelkarten an. NFL, NBA, UFC, oder auch MLB, die Zugpferde des US-Sports kooperieren mit den Italienern. Die Preise, die in den Auktionen für begehrte Karten aufgerufen werden, sind mit den kleinen Tütchen vom Kiosk allerdings nicht mehr zu vergleichen.

Für den American Football-Quarterback Trevor Lawrence wurden vergangene Woche über 15.000 Dollar bezahlt. Anders als im restlichen NFT-Geschäft ist der Handel nicht an die Kryptowährung Ethereum gebunden und kann nur in Dollar stattfinden. Ob diese Art des Sammelns nochmal denselben Hype auslösen kann, wie es damals die Miniatur-Versionen von Messi und Co. geschafft haben, darf allerdings bezweifelt werden.

Kinder tauschen Panini-Sammelbilder: Zur nächsten EM übernimmt ein US-Konzern das Geschäft Foto: picture alliance/KEYSTONE | LAURENT GILLIERON
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