GELSENKIRCHEN. Der Schalker Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hat mit seinen Äußerungen über Afrikaner eine heftige Debatte entfacht. Tönnies hatte beim „Tag des Handwerks“ gesagt, statt höhere Steuern gegen den Klimawandel zu erheben, sollte man lieber 20 Kernkraftwerke in Afrika finanzieren. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“ Für diese Äußerung hat sich Tönnies inzwischen entschuldigt.
Dennoch hagelt es Kritik. „Die Aussagen sind nicht mehr im Rahmen des Tolerierbaren“, sagte der Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung, Timo Reinfrank, der Nachrichtenagentur dpa. Tönnies dürfe sein Amt als Aufsichtsratschef nur behalten, wenn er bereit sei, sich mit seinem „problematischen Weltbild“ auseinanderzusetzen, forderte Reinfrank. Die „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ beklagte ebenfalls die „höchst problematischen Aussagen“. Tönnies vermittele damit ein „kolonial-rassistisches Bild von Afrika“, sagte deren Vorstand Tahir Della.
Asamoah: „Das können wir nicht dulden“
Auch frühere Schalke-Spieler attackierten Tönnies, der seit 2001 Aufsichtsratschef ist und unter anderem den Millionen-Werbedeal mit dem russischen Energiezulieferer Gazprom eingefädelt hat. „Er beleidigt mich und alle anderen Betroffenen“, schrieb der frühere deutsche Nationalspieler Gerald Asamoah auf Facebook.
„Das können wir nicht dulden“, stellte der dreifache Familienvater mit ghanaischen Wurzeln klar, der während seiner Profi-Karriere zwischen 1999 und 2010 für den Verein spielte. Und dies, obwohl sich Tönnies nach seinen Angaben auch direkt bei ihm gemeldet und sich entschuldigt habe.
Zuvor war der ehemalige Spieler Hans Sarpei auf den Unternehmer losgegangen. „Die Aussagen von Clemens Tönnies zeigen ein Weltbild, daß an die Kolonialzeit erinnert“, kritisiert der schwarze Ex-Profi auf Facebook. Als Mitglied und Ex-Spieler wünsche er sich, „daß der Ehrenrat hier ganz klar Position bezieht und über Konsequenzen berät“.
Unterstützung von Stevens und Rehagel
Tönnies Anschauungen verglich er mit einem „Großwild-Jäger, der ausgestopfte Baby-Elephanten auf seinem Hof als Trophäen präsentiert, auf Arbeitszeitfirmen mit günstigen ausländischen Arbeitskräften setzt und Putin den Hof macht“. Sarpei: „Als Deutscher afrikanischer Herkunft widert mich diese Art von Verantwortung zutiefst an.“
Zur Seite sprang Tönnies hingegen die Schalker Trainer-Legende Huub Stevens. „Wer ihn kennt, wer seit langem mit ihm zusammenarbeitet, der weiß, daß Clemens die Menschen mag wie sie sind – völlig unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Religion“, sagte der Niederländer, der mit dem FC Schalke 1997 den UEFA-Pokal gewann, der Westdeutschen Allgemeinen. Seine Entschuldigung nehme er ihm ab.
Der ehemalige Bundesligatrainer Otto Rehagel nannte Tönnies einen „stets ehrlichen und sehr sozial engagierten Menschen“. Tönnies sei einer „dem nur wichtig ist, wie sich ein Mensch verhält und nicht, woher er kommt“, sagte der 80jährige, der Griechenland 2004 als Trainer zum Europameistertitel geführt hatte.
Schalker Ehrenrat entscheidet
Auch aus der Politik erfährt Tönnies Unterstützung. Ihn zu einem Rassisten zu erklären sei „absoluter Quatsch“, sagte der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Ein solcher Vergleich verniedliche wirkliche Rassisten. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) schrieb auf Facebook: „Die ziemlich drastische Aussage von Clemens Tönnies war nicht nur zulässig, sondern vielleicht auch notwendig, um auf ein Riesendilemma der selbst ernannten Klimaaktivisten hinzuweisen.“
Denn in 80 Jahren müßten mehr als zwölf Milliarden Menschen „ernährt, untergebracht, beschäftigt“ werden, und deren Mobilitätsbedürfnisse würden „sicher nicht geringer sein als heute“. Wenn es nicht gelinge „das Bevölkerungswachstum in den Griff zu kriegen, können wir uns alle Überlegungen zum Erreichen der Weltklimaziele in die Haare schmieren“, stellte er klar.
Am Dienstag entscheidet der fünfköpfige Ehrenrat des Vereins über mögliche Sanktionen. Diese können von einer Rüge bis hin zu einem Vereinsausschluß reichen. Mit einer Entscheidung wird in den späten Abendstunden gerechnet. (tb)