Deutschland und der Ukraine-Krieg: Ostpolitik und deutsches Eigeninteresse
Deutschland und der Ukraine-Krieg: Ostpolitik und deutsches Eigeninteresse
Deutschland und der Ukraine-Krieg: Ostpolitik und deutsches Eigeninteresse
Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) bei einem Moskaubesuch – die in der Rückschau widersprüchliche Ostpolitik der Bundesrepublik hatte deutsche Interessen im Blick Foto: picture-alliance / Sven Simon | SVEN SIMON
Muß Deutschland der Ukraine im Krieg gegen Rußland aus historischen Gründen zur Seite stehen? Wer diesen Eindruck erweckt, kennt sich nur schlecht mit der ehemaligen Ostpolitik aus – und verkennt die Eigeninteressen der deutschen Nation.
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„Muß Deutschland der Ukraine im Krieg gegen Rußland aus historischen Gründen zur Seite stehen?“
Nein.
Es liegt im heutigen Interesse Deutschlands, dass der russische Imperialismus nicht erfolgreich ist. Der Angriff auf die Ukraine ist indirekt auch ein Angriff auf alle anderen friedliebenden europäischen Länder.
Deutsche mit Anstand stehen auf der Seite der ukrainischen Opfer und unterstützen Sie mit Geld und Waffen dabei, sich gegen die russischen Täter zu verteidigen.
Die heutige Beurteilung der vergangenen Ostpolitik ist nur für die Geschichtsbücher interessant.
Aktuell müssen wir lediglich wissen, dass es definitiv NICHT im dtn. Interesse liegt, das zweitgrößte Land im Europa dem größten Land zum Fraß vorzuwerfen.
Irgendwie scheint Ihr Verhältnis zu Russland von einem Trauma belastet?!
Irgendwie scheint Ihnen Ihr moralischer Kompass abhandengekommen zu sein.
Sind Sie einer von jenen Russendeutschen, die noch nicht in Deutschland angekommen sind?
Oder ein Ami-Hasser, der die Ukraine einfach nur deshalb über die Klinge springen lassen will, weil sie von den USA gegen den kleptokratischen Kreml-Aggressor unterstützt wird?
Sie wollten es lieber dem anderen großen Land, auf der gegenüberliegenden Seite des Atlantiks, „zum Fraß vorwerfen“?
Ich hielte beides für Fatal.
Ich bin mir nur sicher, mit Kohl als Kanzler und Genscher als Außenminister, hätten beide Kriege (der der Westukraine gegen den Donbass 2014-2022 sowie der Rußlands gegen die Ukraine seit 2022) vermieden werden können.
Müssten die Söhne und Brüder der Politiker dort kämpfen, gäbe es überhaupt keinen Krieg.
Wüsste ich nicht, dass die USA die Ukraine überfallen haben. Oder sie unterstützen mit der Absicht, sich das Land zu klauen.
Wie hätte Deutschland verhindern sollen, dass die ostukrainischen Separatisten Krieg gegen die Kiewer Regierung führen?
Krieg gäbe es schon dann nicht, wenn der Aggressor Putin persönlich kämpfen müsste.
Man sieht sie ja auf dem Foto, die Riege der alten weißen Männer.
Und dann auch noch schwarz/weiß und kein bisschen bunt!!
Zum Glück lange vorbei diese Zeiten…
Hätten wir damals schon so fähige Frauen an der Macht gehabt wie heute, beispielsweise Frau M., Frau U.v.d.L., Frau Lag., Frau Bae. und Frau Fä., dann wäre alles ganz anders, eben positiver – und insbesondere friedlicher!!! – abgelaufen.
Upps, großer Fehler: ich habe Frau Ata. vergessen, sry!!
„Die Wiedervereinigung blieb das Fernziel, das aber eine Änderung der Großwetterlage voraussetzte.“ Leider blieb die Wiedervereinigung auf die Dauer kein Fernbziel, sondern wurde abgeschrieben. Die gesamtdeutsche Perspektive hatte schon in die Ostverträge das BVerfG hineinschreiben müssen. Bahr und Scheel mußten zur Ordnung gerufen werden. Schließlich wurde die Wiedervereinigung zur „Lebenslüge“ der Bundesrepublik erklärt, und auch Willy Brandt schloß sich unter dem Einfluß seines „Enkels“ Lafontaine dieser Version an. Fast die gesamte SPD einschließlich der Gewerkschaften lehnten schließlich die Wiedervereinigung ab, auch noch als die Sowjetherrschaft überall unter Druck geriet. Die jahrelange Kungelei zwischen SPD und SED geschah auf dem Boden des staus quo der Zweistaatlichkeit, nich t zu dessen Überwindung. Schließlich wollten Schröder und Lafontaine eine exklusive „DDR“-Staatsbürgerschaft anerkennen, was alle Deutschen in der „DDR“ zu Ausländern wie Polen oder Rumänen gemacht hätte. Willy Brandt als deutscher Patriot war fast der einzige, der die Zeichen der Zeit erkannte und auf Wiedervereinigung umschwenkte. Ihm war die Einheit Deutschlands eine Herzensangelegenheit.
Schon Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) beobachtete:
„Keine Nation fühlt so sehr, als die deutsche, den Wert von andern Nationen, und wird leider! von den meisten wenig geachtet, eben wegen dieser Biegsamkeit. Mich dünkt, die andern Nationen haben recht: eine Nation, die allen gefallen will, verdient von allen verachtet zu werden.“
Insofern sind die Deutschen heute einfach nur zu ihrem Grundzustand zurückgekehrt: der Geringschätzung des Eigenen.
(Bei oft gleichzeitiger schwülstiger Vergötterung und Verkitschung anderer Nationen, manchmal sogar, ohne jemals dort gewesen zu sein. Einfach nur als Projektionsfläche aller möglichen Ideale, die man am eigenen Land vermißt…)
Wer die eigene Nation schon grundsätzlich als Unwert betrachtet, wird natürlich auch mit deutschen Interessen und dem damaligen Verlangen nach Wiedervereinigung nichts anfangen können.
Es muß damals wohl die „normative Kraft des Faktischen“, das Unmenschliche, Reale der Teilung Deutschlands gewesen, sein, das selbst SPD-Politiker dazu brachte, das Ziel der Überwindung der Teilung noch über die amerikanischen Interessen zu stellen.
Die konkrete Wirklichkeit siegte über das Wolkenkuckucksheim.
Die heutige Politik incl. alles rund um die Ukraine hat nichts mit den Kriegen im letzten Jahrhundert oder irgendwelche Schuld Deutschlands zu tun. Zu weit hergeholt und zusammengeklebt, was nicht zusammen gehört.
Nach der Stalin Ära incl Nachwehen im Ostblock war die Normalisierung der Beziehungen zwischen Ost und West das einzig logische.
In Deutschland stellt man Kommunismus mit Mauer und Mauertote gleich, und ist kaum in der Lage, die Wirklichkeit zu verstehen. Die DDR hatte eine Top Ausbildung, war man über die Grenze wurde man als Held gefeiert und der weitere Weg wurde mit Blumen und DM gepflastert. Das war nun mal sehr verlockend und das Regime liefen die Leistungsträger weg, mit Sicherheit vom Westen gefördert. Gewissermaßen war die Mauer das Ergebnis der Entspannung nach 53, in dem die Grenze durchlässiger wurde.
Bei der Beurteilung des Ostblocks sollte man damit beginnen, dass kein Staat die Ausreise verboten hat, und alle Touristen zurück kamen. Die Planwirtschaft hat aber die Schere vergrößert, und unfähige Betonköpfe haben eine Reform verhindert, im Gegensatz zu China. Gorbi und Jelzin haben in der UdSSR Chaos angerichtet, hätte man besser machen müssen!
Mag sein, dass die DDR formal und pauschal die Ausreise nicht verboten hat. Sie hat nur nahezu alle legalen Möglichkeiten der Ausreise unterbunden, was einem formellen Verbot gleichkommt. Und nicht vergessen: ‚Republikflucht‘ war ein Straftatbestand in der DDR.
Sie haben mich falsch verstanden Herr Schuz. Die DDR hat selbstverständlich die Ausreise verboten und die illegale Ausreise unter hohe Strafe gestellt.
Mir ging es im Beitrag um die Gesellschaften des Ostblocks zu verstehen, und da gab es nirgendwo Mauern und Ausreiseverbote! Nichts! Daher ist die Gleichsetzung Sozialismus = Mauer grundsätzlich falsch! Das war mein Thema.
Die DDR Bürger waren einzigartig auf der Welt, die Einzigen, die 2 Reisepässe in der Hintertasche hatten, der Eine federleicht gefüllt mit Aluchips (so wurde spöttisch die DDR Mark genannt), der Andere ordentlich beschwert mit DM. Das war der Grund für die Mauer, hat aber mit dem eigentlichen System überhaupt nichts zu tun. Es wird nur gern hochstillisiert und allgegenwärtig in Deutschen Köpfen…
Wieviel Tscheschen waren eigentlich in der Prager Botschaft? Selbst das klare Wissen darüber hält den Deutschen nicht auf, fälschlicherweieseSozialismus gleich Mauer zu setzen. Aber ausschließlich die DDR war von Mauern umgeben.
Na ja, die Ausreise in den Westen war damals auch Bürgern aus der VR Polen oder der CSSR verwehrt. Ich erinnere mich noch an die Zeit des ‚Prager Frühlings‘, also an 1968. Damals konnten CSSR-Bürger eine kurze Zeit frei reisen, bis der Traum am 21.8.68 zu Ende war.
“Es entstand ein ökonomisches und soziales Chaos, in dem die Sowjetunion unterging”.
Den Untergang hatte Jelzin verschuldet. Hätte er weitergemacht ,gehörten den US -Amerikanern inzwischen die Projekte , welche Heute die Oligarchen ihr “Eigen” nennen. Es war Putins verdienst, das Land vom Kopf wieder auf die Füße zustellen. Seitdem müsste dem Westen auch klar sein. Eine NATO direkt an der Grenze Russlands wird niemals akzeptiert. Da weiß er inzwischen Südamerika , die seit Jahrhunderten eine Hassliebe mit den USA pflegen, hinter sich. Dazu kommen noch Afrika, Indien und China. Zu befürchten ist , dass Russland , dass bisher mit halber Kraft den Krieg führt, 100 Tausend Soldaten einsetzt. Wie werden sich dann Italien, Großbritannien , Spanien und Frankreich verhalten? Die USA , werden sich mit Sicherheit spätestens nach der Wahl Trumps , verabschieden.
In jedem Fall werden wir mal wieder Zahlmeister sein.
„Eine NATO direkt an der Grenze Russlands wird niemals akzeptiert.“
Sie haben da anscheinend einiges nicht mitbekommen, was die heutigen NATO-Mitgliedschaften angeht.
Zu dieser erneuten Überhöhung der Nation gibt es zwei Dinge zu schreiben:
1. Das Ergebnis der deutschen Ostpolitik seit Brandt war nichts anderes als eine lebensverlängernde Infusion für die kommunistische Diktatur der Sowjetunion mit all ihren Versuchen, kommunistische Regime weltweit zu etablieren. Kein Wunder angesichts der sozialistischen Träume auch in der SPD – Kurt Schumacher war längst vergessen.
2. Eine gute Zukunft für die schnell weniger werden Deutschen auf diesem Planeten gibt es nicht mit Träumen à la Höckes „Wir müssen wieder mächtig werden“, sondern ausschließlich in Gemeinschaft mit den europäischen, gerade auch den mittel- und osteuropäischen Völkern und der westlichen Wertegemeinschaft in der NATO. Alles andere sind dumme Träume, die zu nichts Gutem führen.
„2.“ So ist es!
Bzw. eigentlich noch schlimmer: Höckes Träume sind nicht einfach nur „dumm“, die sind (zwar auch infantil, aber vor allen Dingen) brandgefährlich! Kryonik-Björn (in der 1. Hälfte des vorigen Jh. eingefroren, beim Auftauen nichts vergessen und seitdem nichts hinzugelernt) würde Deutschland wieder einmal isolieren. Und damit für Putin zur billigen Beute machen. Denn seine Vorstellung, dass die Russen unser Junior-Partner sein und uns vor allen Dingen mit Rohstoffen beliefern sollen, deckt sich wohl kaum mit Putins Vorstellungen von einer neuen Weltordnung.
Wird jetzt spannend, ob sich auf der AfD-Europawahlversammlung Alice Weidel durchsetzt – oder die Höcke-Nationalisten. (Wenn ich einige Medienberichte richtig verstanden habe, dann haben doch wohl beide Lager Programmanträge gestellt?)
Sehr gut zusammengefasst.
Glänzend auf den Begriff gebracht, lieber Thorsten Hinz. Die Ostpolitik war alternativlos – es sei denn, man hätte noch einseitiger auf die USA gesetzt und keinerlei Rückversicherung im Osten einkalkuliert. Das wäre gleichbedeutend gewesen mit einer integralen An- und Eingliederung der BRD in das angelsächsische Imperium, freilich ohne die vollen Mitbestimmungsrechte zu erhalten – also die BRD ungefähr im Rang von Puerto Rico.
„Das wäre gleichbedeutend gewesen…“
Warum wählen Sie den Konjunktiv? Was Sie beschreiben, entspricht den tatsächlichen Verhältnissen. D spielte und spielt keine andere Rolle als die der Geldzapfanlage für die Westmächte. Das ist hier die einzige Existenzgrundlage.
Dank der Ostpolitik, die bis heute nachwirkt, können die Atlantiker immer noch nicht voll durchregieren in unserer BRD. Die Wiedervereinigung war zwar mehr oder weniger ein Anschluss an den Westen, aber ohne volle Nato Präsenz in Neufundland. Deshalb ist dort das Freiheitsbewusstseein viel größer ubd die geistige Luft zum Atmen viel freier als in der alten BRD, die von atlantischen Einfluss- und Knebelkräften total durchsetzt ist.
Johanna Spieth, das habe Sie richtig erkannt und gut ausgedrückt. Genau so ist es!
Darum ist der Widerwille gegen die transatlantische Vereinnahmung Deutschlands im Osten so ausgeprägt, was hier die Stärke der AfD bewirkt. Aber sich auch in die Linkspartei kanalisiert, die ja schon ideologisch anti-USA und anti-NATO ist.
… als in Neufünfland…
„Die Ostpolitik war alternativlos – es sei denn, man hätte noch einseitiger auf die USA gesetzt und keinerlei Rückversicherung im Osten einkalkuliert.“ – Die Ostpolitik der BRD war zweifelsohne nicht nur auch im Interesse der USA, sondern ganz gewiß von dort angewiesen, weil der „Wandel durch Annäherung“ das Ziel der Aufweichung des Ostblocks hatte, was dann auch nicht unwesentlich zum Zerfall der Sowjetunion und zur Situation, die wir jetzt haben, beigetragen hat: NATO-Vereinnahmung von ehemaligen Sowjetrepubliken und US-Soldaten an der Westgrenze Russlands.
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Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) bei einem Moskaubesuch – die in der Rückschau widersprüchliche Ostpolitik der Bundesrepublik hatte deutsche Interessen im Blick Foto: picture-alliance / Sven Simon | SVEN SIMON