Die restaurierten Räume des Historischen Grünen Gewölbes im ehemaligen Dresdner Residenzschloß der Wettiner sind seit dem 15. September auch für die Bürger zugänglich. Allein in diesen Schatzkammern sind rund 3.000 Meisterwerke aus Gold, Silber, Elfenbein, Bernstein, Bergkristall oder Edelsteinen zu sehen. Insgesamt 41,6 Millionen Euro hat der Freistaat Sachsen in Restaurierung und Ausbau des Neuen und des Historischen Grünen Gewölbes investiert. Ganze Generationen von Dresdnern sind mit den Schätzen Augusts des Starken aufgewachsen: der Kirschkern, in den mehr als hundert Gesichter geschnitzt sind – nur unter einer Lupe zu entdecken. Der Mohr mit der Diamantenschale. Die Nautilusportale und goldenen Trinkschalen. Und natürlich der Hofstaat des Großmoguls Aureng-Zeh: ein Ensemble mit 132 Figuren, 4.909 Diamanten, 160 Rubinen, 164 Smaragden, 16 Perlen, zwei Kameen und einem Saphir. Der Dresdner Hofjuwelier Dingliner fertigte es Anfang des 18. Jahrhunderts an. Zu DDR-Zeiten teilten Museumsführer mitunter gebannt und begehrlich blickenden Kindern mit, daß es sich hier um Spielzeug der Fürstenkinder handelt. All diese Schätze waren im Grünen Gewölbe des Albertinums zu sehen. 17 Millionen Menschen kamen bis 2004, um zu staunen. Doch die alten Dresdner orteten das Grüne Gewölbe – den Namen erhielt es wegen der malachitgrünen Bemalung einiger Wände – ganz wo anders: im ehemaligen Residenzschloß am Theaterplatz. Im Erdgeschoß dieser ausgebrannten Ruine sollten die eigentlichen Räume der legendären Schatzkammer des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs noch existieren. Und das taten sie auch, wie sich nach 1985 herausstellte. Damals verkündete die SED-Führung überraschend den Wiederaufbau des Renaissancebaus. Fast zwanzig Jahre sollten vergehen, ehe 2004 das Neue Grüne Gewölbe im ersten Obergeschoß des Schlosses eröffnet werden konnte, und noch einmal zwei Jahre, bis auch das Historische Grüne Gewölbe im Erdgeschoß als barockes Raumkunstwerk in altem Glanz wiederentstand. Zweieinhalb Generationen von Denkmalpflegern und Restauratoren haben daran gearbeitet. Heute sehen die acht Räume im Erdgeschoß wieder genauso aus, wie sie August der Starke bei seinem Tod 1733 hinterlassen hat. Der Rundgang beginnt im Bernsteinkabinett und führt über Elfenbein-, Weißsilber- und das Silbervergoldete Zimmer in den Pretiosen-Saal. Und weiter in das Wappen-, das Juwelen- und das Bronzenzimmer. Es ist ein Spaziergang durch eine faszinierende Welt aus Gold, Silber, Edelsteinen, Perlen, Elfenbein und Email. Die aus rund 4.000 Kunstwerken bestehende Sammlung Augusts des Starken sei „nicht nur eine der berühmtesten Kunstsammlungen Deutschlands und ein einzigartiges Juwel unter den Schatzkammermuseen Europas, sondern auch Teil des kulturellen Erbes der Menschheit“, schwärmt Elena Gagarina, Generaldirektorin der Kreml-Museen Moskau. In der russischen Hauptstadt waren von Mai bis August 40 Meisterstücke aus der Dresdner Schatzkammer zu sehen und zogen mehr als 40.000 Besucher in ihren Bann. Auch in Frankreich blickt man mit Aufmerksamkeit auf die sächsische Metropole: „Wie im 18. Jahrhundert müssen heute all diejenigen die Reise nach Dresden antreten, die den Glanz einer Zeit wiederfinden wollen, in der die beiden Höfe, der französische und der sächsische, engstens verbunden waren“, schreibt Beatrix Saule, Chefkonservatorin im Schloß von Versailles. August der Starke hatte sich seinerzeit von den Kabinetten, in denen der Sonnenkönig seine wertvollen Kunstobjekten zeigte, zur Präsentation der eigenen Schätze inspirieren lassen. Allerdings sind die Sammlungen von Versailles zerstreut, während die sächsischen auch von Augusts Nachfolgern zusammengehalten und ergänzt wurden. Zumindest weitgehend. Denn bereits nach dem Siebenjährigen Krieg wurden „enorme Mengen an Silber eingeschmolzen“, wie Joachim Menzhausen, von 1960 bis 1992 Direktor des Grünen Gewölbes, erinnert. Auch hätten Könige und Prinzen immer wieder Einzelstücke entnommen. Das augusteische Grüne Gewölbe von 1733 sei eigentlich nicht rekonstruierbar. Trotzdem ist die Zahl der Kunstwerke so groß, daß es jetzt zwei Grüne Gewölbe gibt. Das „Neue“ im ersten Obergeschoß besteht unter anderem aus einem Mikro-Kabinett, dem Kristallkabinett, zwei Räumen der Kurfürsten, einem Raum der königlichen und einem der reisenden Pretiosen, aus dem Email-Kabinett und dem Dinglinger Saal. Info: Das Dresdner Grüne Gewölbe ist täglich außer dienstags von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 10 Euro. Grünes Gewölbe, Silbervergoldetes Zimmer: August der Starke sammelte Tausende von Kunstobjekten