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Wer hat gelacht?: Deutschland ist nicht mehr lustig

Wer hat gelacht?: Deutschland ist nicht mehr lustig

Wer hat gelacht?: Deutschland ist nicht mehr lustig

Der Kabarettist Vince Ebert deutet seinen Rückzug von der Bühne an. Gibt es in Deutschland nichts mehr lachen? Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka ( JF
Der Kabarettist Vince Ebert deutet seinen Rückzug von der Bühne an. Gibt es in Deutschland nichts mehr lachen? Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka ( JF
Der Kabarettist Vince Ebert deutet seinen Rückzug von der Bühne an. Gibt es in Deutschland nichts mehr lachen? Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka ( JF
Wer hat gelacht?
 

Deutschland ist nicht mehr lustig

Deutschland verlernt das Lachen – nicht aus Mangel an Anlässen, sondern aus Angst vor ihnen. Ein Klima der Empfindlichkeit erstickt jene Leichtigkeit, die einst Teil der deutschen Alltagskultur war. Der Rückzug des Humors ist längst ein politisches Symptom. Ein Kommentar.
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Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Dieses alte Bonmot verliert in der Bundesrepublik immer mehr seinen wahren Kern – denn ernst ist inzwischen alles, hoffnungslos dagegen vieles. Es gibt Momente, in denen ein einzelner Vorgang deutlich macht, was im Land schief läuft. Der angekündigte Rückzug eines Kabarettisten ist so ein Moment. Nicht wegen der Person, sondern wegen des Umfelds, das diese Entscheidung hervorbringt. Denn das Problem ist nicht Vince Ebert. Das Problem ist Deutschland.

Seit Jahren hat sich eine Stimmung breitgemacht, die jede Leichtigkeit erstickt. Humor gilt nur noch unter Vorbehalt, und wer lacht, muß vorher die Fußnoten prüfen: Ist die Pointe identitätspolitisch abgesichert? Gibt es mögliche Betroffenheiten, die übersehen wurden? Könnte jemand aus prinzipieller Kränkbarkeit Anspruch auf Rücksicht erheben?

Deutschland hat sich angewöhnt, alles ernst zu nehmen. Vor allem sich selbst. Der Humor früherer Jahrzehnte, der mit Widersprüchen spielte und Absurditäten entlarvte, ist heute kaum noch denkbar. Zu groß die Angst, anzuecken. Zu laut der Chor derer, die in jedem Lacher ein politisches Statement wittern.

In Deutschland steht Humor unter Verdacht

Daß Künstler, Journalisten, Wissenschaftler und eben auch Kabarettisten diese Atmosphäre zunehmend als Last empfinden, überrascht niemanden, der die gesellschaftliche Verengung beobachtet. Der Rückzug des Humors ist keine individuelle Befindlichkeit – er ist ein gesellschaftliches Symptom. Er zeigt, daß dieses Land seine Gelassenheit verloren hat, seine Fähigkeit zur Selbstironie, seine Bereitschaft, auch einmal über die eigenen Verrenkungen zu lachen.

Deutschland ist nicht mehr lustig. Nicht, weil es nichts mehr zu lachen gäbe. Im Gegenteil, die Realität liefert täglich Stoff. Sondern weil ein Klima entstanden ist, das Humor verdächtig macht. Ein Land, das sich selbst permanent moralisch überwacht, produziert keine Leichtigkeit. Es produziert Schwere.

Und solange diese Schwere anhält, werden es nicht nur Kabarettisten schwer haben. Dieses Land wird sich selbst schwer haben – und schwer zu ertragen sein.

Der Kabarettist Vince Ebert deutet seinen Rückzug von der Bühne an. Gibt es in Deutschland nichts mehr lachen? Foto: picture alliance/dpa | Horst Galuschka ( JF
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