„Pegida: Der Anfang vom Ende“ las ich dieser Tage auf dem stets anregenden Internet-Portal web.de zwischen Nachrichten zum „Dschungelcamp“. Ich zuckte mit den Schultern und sagte: „Na, und?“ Nichts anderes hatte ich erwartet. Letztlich wurde der persönliche Druck zu groß. Und so kam es zum alten Trugschluß, durch irrationale Abgrenzung gegen rechts den eigenen Kopf retten zu können. Divide et impera.
Nur Euphoriker konnten davon ausgehen, daß derzeit eine Straßenbewegung wie Pegida einfach ins Unendliche wachsen würde, faktisch wie der Ebola-Virus, um dann irgendeinen Kollaps herbeizuführen. Am Ende wäre selbst noch Sigmar Gabriel mitmarschiert, in einer Hand die Deutschland-Fahne, in der anderen eine Bratwurst. Wer hätte das denn wirklich erleben wollen? Wer sich hingegen nicht von Euphorie und kurzfristigen Effekten den Kopf vernebeln ließ, bleibt auch angesichts der momentanen Entwicklung tiefenentspannt.
Pegida ist nur eines der kleinen Ereignisse der letzten Jahre, die scheinbar immer heftiger und in kürzeren Abständen am Fundament der herrschenden „Political Correctness“ nagen. Als weitere Stichworte seien nur Sarrazin, Pirinçci, HoGeSa und die AfD genannt. Es gärt etwas im Lande, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Unmutsschrei die politischen Eliten und den politischen Überbau erreichen wird.
Die Unruhe wird wiederkehren
Die Probleme sind ja nicht mit dem Rückzug der Kritiker gelöst, sondern verschärfen sich, so lange eine echte Lösung verweigert wird. Die gegenwärtige Einwanderungswelle ist nur der Anfang eines Stroms, dessen Ende unabsehbar ist. Mehr als 600.000 nicht anerkannte Asylbewerber verstopfen derzeit die Unterkünfte für wirklich politisch Verfolgte. Abgeschoben werden sie nicht. Irgendwann aber wird selbst der größte christlich umnebelte Gutmensch erschöpft sein in seiner Hilfsbereitschaft. Spätestens, wenn es an seine persönliche Brieftasche oder das Wohnumfeld geht.
Ob Euro-Krise, EU-Demokratiedefizit, die Pleite vieler Kommunen, Datenüberwachung, TTIP-Handelsabkommen, die Themen, die die Bürger der hiesigen Wohlstandsinsel gefährden werden, nehmen nicht ab. Spätestens wenn er seinen Rentenbescheid in der Hand hält, wird mancher Zeitgenosse, der sich nie zu einer Pegida-Demonstration herabgelassen hätte, etwas ins Grübeln kommen.
Die politischen Eliten und ihre linken Unterstützer auf der Straße können noch einmal durchatmen und die Sektflaschen wieder hervorkramen. Doch die Unruhe wird wiederkehren. Die keinesfalls extremistische Bürgerbewegung wird nicht mehr verschwinden. Sie macht Turbulenzen, das normale Auf und Ab durch, verändert sich, sucht neue Formen. Daß war 1968 nicht anders. Ex-Achtundsechziger haben es mir geschildert: In solchen Phasen braucht es keine festen Institutionen oder starren Formen, der Impuls ist maßgeblich, das Gefühl, die Phantasie, die sich dann auf der Straße beziehungsweise in der Öffentlichkeit auslebt.
Die gescholtenen Bürger geben ihre Erfahrungen weiter
Pegida hat dabei bislang als Beschleuniger gedient. Vielen braven Bürgern wurden durch die Reaktionen der politischen Klasse und der „Gegendemonstranten“ plötzlich klar, wie es um ihre Grundrechte und demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten real bestimmt ist. Sie werden diese Erfahrungen an Freunde, Verwandte, Nachbarn weitertragen. Der Zweifel wird zunehmen, und die Abnahme der Obrigkeitshörigkeit gegenüber Politikern und Leitmedien kann der demokratischen Einmischung des Bürgers nur dienlich sein.
Man mag derzeit noch in der Minderheit sein. Doch das ist egal. Auch die Achtundsechziger waren eine Minderheit. Die Mehrheit ist immer träge. Selbstbewußte Minderheiten prägen die politische Landschaft. Sie werden neue Wege erkunden.
Ein solcher Weg ist die Bewußtmachung der eigenen Möglichkeiten und das Vornehmen überschaubarer Etappenziele. Eine ganze Zeit vor Pegida schrieb ich einige Überlegungen für kleine politische (Hinterzimmer-)Clubs auf, die nicht demotivierend gemeint waren, obwohl sie so mißverstanden werden könnten. Es ging darum, die eigenen Möglichkeiten der Bürgereinmischung realistisch einstufen zu können und dann auf kleine Ziele ausgerichtet zu handeln. Der Text findet sich hier.