Daß die einzig klassische deutschsprachige Late-Night-Sendung des Harald Schmidt im März des neuen Jahres still und leise entsorgt werden wird, ist beiläufig im alltäglichen Meldungssperrfeuer untergegangen – und das hat die Thematik eindeutig nicht verdient.
Wenn am 13. März 2014 die letzte Episode über die Schirme geflimmert sein wird (wohl vielfach ungesehen, wie es seit dem Wechsel zum bezahlpflichtigen Sky-Abstellgleis nun einmal Gewohnheit ist), wird gleichsam der Schlußstrich unter ein beinahe 19jähriges Kapitel deutscher Fernsehgeschichte gesetzt. Daß Schmidt es dabei trotz gerade in den Anfangsjahren immenser Erfolge nie wirklich leicht hatte, liegt ebenso an der Topographie wie an der Mentalität der bundesrepublikanischen Medienlandschaft.
Dennoch muß man nicht erst bei Carl Schmitt nachlesen, um angesichts etikettierender Lorbeerkränze wie „intellektueller Partisanenkämpfer“ mit den Augen zu rollen: Um dieses Sinnbild auszufüllen, hätte Harald Schmidt sich mit Nadelstichen aus dem Hinterhalt gegen einen haushoch überlegenen Feind begnügen müssen. Das paßt vorne und hinten nicht, denn Schmidt war stets ein (wenngleich feinsinniges) Sturmgeschütz des Zynismus – und auf seinem Gefechtsfeld ganz allein, weil der Gegner nicht in der Lage war, ihm zu folgen.
Der Hammer der Satire
Die stellenweise geübte Kritik an einzelnen Leitmotiven seiner Sendungen zeugen allerdings davon, daß auch die Zuschauer sich damit teilweise schwertaten. Von den allseits einsatzfähigen Playmobilfiguren (besonders bei der Nachstellung von Ernst Jüngers „Burgunderszene“) über den „süßen Plüschaffen“ bei der Vierschanzentournee bis hin zum epischen „Nazometer“ hämmerte seine Satire immer nur sekundär auf tagesaktuelle Verwerfungen in der Kollektivpsychose-Gesellschaft ein; vielmehr stand stets die mediale Inszenierung der ewigen Spektakel im Schußfeld.
Daß man mit derartigen Spitzen gegen die eigene „heilige Mission“ gerade bei der ARD nicht allzuviel Geduld haben würde, war eigentlich abzusehen – vielleicht war es neben konkreten Etatgründen auch ein ironisches Detail mehr, daß Schmidt zwischenzeitlich ausgerechnet im öffentlich-rechtlichen Sumpf ein Auskommen mit seiner Sendung suchte? In jedem Fall blamierte sich das „Erste“ hinreichend selbst, als es in seiner Gier nach Eröffnung der jüngeren Zuschauerschichten den unsäglichen Oliver Pocher an Schmidts Seite postierte und auch damit jedweden Auftrag, den es einmal gehabt haben mochte, mit Füßen trat.
Laßt das Fernsehen langsam sterben!
Im WDR-Radio gab Schmidt bezeichnenderweise zwei Jahre vor dem nun bevorstehenden finalen Ende seiner Sendung zu Protokoll, er wolle sich in einem solchen Fall komplett aus der Fernsehbranche zurückziehen. Einerseits hofft man, daß es nicht so kommen wird; andererseits ist schwer vorstellbar, daß er nochmals – in einem wie auch immer gearteten Format – wiederum ein derartiger Dorn im Fleisch des Meinungshäppchenverteilsystems werden könnte. Eher sollte man das deutsche Fernsehen in seiner stillen, fauligen Agonie verharren lassen. Angesichts der durchaus knackigen Kolumnen, die Schmidt jahrelang für den Focus schrieb, würde ihm vielleicht ein eigenes Aphorismen-Blog liegen – Kollege Klonovsky macht’s vor.