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Befreiungskrieg: Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze

Befreiungskrieg: Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze

Befreiungskrieg: Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze

Blüchers Rheinübergang
Blüchers Rheinübergang
Blüchers Rheinübergang bei Kaub, Gemälde von Wilhelm Camphausen, 1860: „Gott verzeihe es denjenigen, die es versäumt und verfaulenzt haben“ Foto: picture-alliance / akg-images
Befreiungskrieg
 

Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze

Während der Neujahrsnacht 1814 schrieb ein preußischer Leutnant: „Wir werden unsere Hände im Blut der Rache waschen und laut aufjauchzen, wenn Tausende von ihnen in der höllischen Pein wimmern.“ Lange genug haben die Soldaten unter dem Oberkommando des Generalfeldmarschalls Gebhard Leberecht von Blücher auf diesen Augenblick gewartet.
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Während der Neujahrsnacht 1814 schrieb der preußische Leutnant Wilhelm Alberti an seine Eltern: „Wir werden unsere Hände im Blut der Rache waschen und laut aufjauchzen, wenn Tausende von ihnen in der höllischen Pein wimmern.“ Lange genug haben die Soldaten unter dem Oberkommando des Generalfeldmarschalls Gebhard Leberecht von Blücher auf diesen Augenblick, den Einmarsch in das Feindesland Frankreich, gewartet.

Am 4. November 1813, gut zwei Wochen nach der Völkerschlacht bei Leipzig, stehen Blüchers Truppen vor Koblenz am östlichen Rheinufer. Nur 24 Stunden zuvor rettete sich Napoleon mit kaum 70.000 Mann über den Fluß nach Westen. Nur knapp die Hälfte der Truppen gilt davon überhaupt noch als kampffähig, der Rest der geschwächten Soldaten leidet vor allem an Fleckfieber. Von der Hauptmacht der Armee, die unter General Charles Morand die Festung Mainz halten sollen, überlebt nur jeder zweite diese auch „Kriegspest“ genannte Infektionskrankheit. Der Preuße will sofort mit seinen 82.000 Soldaten und 212 Geschützen die Verfolgung aufnehmen, setzt sogar westlich von Mülheim bei Rheinhausen kurzzeitig über den Fluß, doch er sieht sich in seinem Eifer vom alliierten Oberkommando unter dem Einfluß des russischen Zaren Alexander I. jäh gebremst.

Der Rhein wird in jenen Tagen gleichsam zur magischen Linie für Patrioten, Monarchen und Militärs. Er scheidet die Geister, denn für die einen ist der Krieg mit dem Erreichen der Flußgrenze beendet, während andere gemäß der Devise „Nun erst recht!“ weiterkämpfen wollen. Vor allem progressive Kreise des deutschen Bürgertums treten für die Verfolgung Napoleons ein, weil sie ihn als treibende Ursache für vergangene und kommende Kriege ansehen. „Der Rhein – Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze“, formulierte es damals eingängig der Patriot Ernst Moritz Arndt.

Napoleon ignoriert die alliierten Friedensvorschläge

Doch Europas Monarchen setzen zunächst auf Verständigung. An den Kaiser der Franzosen werden zum wiederholten Male Friedensvorschläge abgesandt. Bis seine Antwort eintrifft, ruhen sämtliche Kampfhandlungen, und in Frankfurt am Main wird alliierter Kriegsrat gehalten einschließlich zahlreicher Gala-Vorstellungen nebst Siegesfeiern, Festmählern und üppigen Bällen. Erst als ruchbar wird, daß Napoleon die Zeit zu intensiven Rüstungen und Rekrutierungen ausnutzt, statt zum Nachdenken über die sehr maßvollen Friedensvorschläge, entscheidet das Oberkommando im Dezember 1813, den Feldzug nach Frankreich auszudehnen. Der Krieg gelte nicht dem französischen Volk, heißt es nun, sondern der verderblichen Herrschaft Napoleons.

„Wenn die Monarchen und Generale nicht in Frankfurt so viel kostbare Zeit mit Festen verloren hätten, statt den Truppen Befehle zu geben, (…) so wäre die französische Armee nicht entkommen“, resümierte Blüchers Generalstabschef August Neidhardt von Gneisenau ärgerlich. Und sein Chef wetterte: „Gott verzeihe es denjenigen, die es versäumt und verfaulenzt haben.“ Eine schwächere alliierte Teilarmee unter dem Kommando des österreichischen Fürsten Schwarzenberg setzt schließlich am 20. und 21. Dezember 1813 im Süden zwischen Schaffhausen und Basel über den Rhein. Die entscheidende Marschrichtung aber schlagen Preußens Truppen zur Jahreswende bei dem Städtchen Kaub ein.

Blücher als Marschall Vorwärts, Gemälde von Emil Hünten (1863): „Seht in den Heerscharen den Freund der Menschheit“
Blücher als Marschall Vorwärts, Gemälde von Emil Hünten (1863): „Seht in den Heerscharen den Freund der Menschheit“

„Der frühe Neujahrsmorgen war für mich sehr erfreulich, da ich den stolzen Rhein passierte. Die Ufer ertönten vor Freudengeschrei und meine braven Truppen empfingen mich mit Jubel. Der Widerstand des Feindes war nicht bedeutend“, schrieb Blücher an seine Frau Amalie. Allerdings hatte sich der Bau von Pontonbrücken durch den starken Eisgang des Flusses sehr schwierig gestaltet. Während noch an der Brücke gebaut wurde, setzten insgesamt 18 Bataillone der Infanterie mit Kähnen – gesteuert von extra vereidigten Fischern aus Kaub – über den Rhein und bildeten einen Brückenkopf am gegenüberliegenden Ufer. Das Übersetzen des von General Hans Ludwig von Yorck geführten Korps gelang bis zum 3. Januar.

Einmarsch preußischer Truppen nach Frankreich

Nördlich bei Koblenz überschreitet das zweite Korps unter General Fabian von der Osten den Strom. Leutnant Philipp von Wussow, Adjutant im Stab von General Yorck, berichtet: „In der Nacht vom 31. Dezember 1813 bis zum 1. Januar 1814 wurde mit dem Bau einer Pontonbrücke von Caub bis zur Pfalz begonnen und diese Brücke unter Verwendung von 27 russischen Leinenpontons bis zum 1. Januar morgens 9 Uhr fertiggestellt. Inzwischen setzten in der Nacht um halb 2 Uhr 200 Brandenburgische Füsiliere unter Graf Brandenburg auf Kähnen bis zum linken Rheinufer über, erstiegen unter Hurra das Ufer und besetzten die Weinberghänge, auf denen Schnee lag. Es waren nur wenige Schüsse gefallen und dann war alles still. Morgens 8 Uhr wurde auf der Straße nach Bacharach aufgestelltes französisches Geschütz von dort in Richtung Bacharach vertrieben.“

Bis zum Anbruch des ersten Tages im neuen Jahr gelang es so, 8.000 Soldaten auf das linke Rheinufer zu bringen. Die Pontonbrücke wurde am Morgen des 2. Januar vollständig ausgebaut. Marschall Blücher zieht nun in Richtung der lothringischen Stadt Nancy durch Gebiete, die er bereits als Husarenoberst während des Feldzuges von 1792/93 gegen die junge französische Republik kennengelernt hatte. Doch diesmal nicht als Eroberer, sondern als Befreier wendet sich Blücher an das französische Volk: „Seht in den Heerscharen der verbündeten Souveräne den Freund der Menschheit, dessen einzige Feinde die Feinde des Friedens sind.“

JF 52/13-01/14

Abdankungsurkunde Napoleons vom 12. April 1814: Einmarsch preußischer Truppen nach Frankreich Foto: Wikipedia / Herrick
Abdankungsurkunde Napoleons vom 12. April 1814: Einmarsch preußischer Truppen nach Frankreich Foto: Wikipedia / Herrick
Blüchers Rheinübergang bei Kaub, Gemälde von Wilhelm Camphausen, 1860: „Gott verzeihe es denjenigen, die es versäumt und verfaulenzt haben“ Foto: picture-alliance / akg-images
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