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Führerscher Versprecher?

Führerscher Versprecher?

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Führerscher Versprecher?

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Es ist doch irgendwo selbstverständlich: Weder, als ich vor Urzeiten davon schrieb, daß hierzulande jeder Tag ein Hitlertag sei, noch bei meiner kürzlichen Anführung von „Hanlan’s Razor“, wonach im Zweifelsfall scheinbare Bösartigkeit sich meist als schiere Dummheit entpuppe, war ich hinreichend vorbereitet. Vorbereitet auf das, was die medialen Vomitorien (nach der Auslegung Clive Barkers, nicht der historischen Wissenschaft) der real existierenden Zivilreligion als nächstes hochwürgen würden.

Den wirklich kapitalsten Bock, den ich bis dato gesehen habe, hat nun gestern der Merkur geschossen. Daß dieser Artikel noch immer online steht, ist unfaßlich – irgendjemand, der auch nur einen Funken Ahnung von Geschichte überhaupt hat, hätte der Onlineredaktion doch längst einen Stoß (oder Tritt) in die richtige Richtung geben müssen! Selbstverständlich befinden wir uns gerade noch so im Sommerloch, und natürlich wäre die Erkenntnis über einen Beginn des Zweiten Weltkriegs früher als „wird nun zurückgeschossen“ unheimlich investigativ und interessant… Ja, wäre, wenn denn der Merkur mit seiner tollen Berichterstattung nicht schlappe (ab kommenden Sonntag) 84 Jahre hinter dem Allgemeinwissen hinterherhecheln würde. Daß nämlich die berühmt-berüchtigte Zeitangabe Hitlers bei der Verkündigung des Kriegsausbruchs nicht stimmte und die ersten Schüsse von Bord der „Schleswig-Holstein“, die man beim Merkur noch nicht einmal richtig zu schreiben vermag, auf die Danziger Westerplatte um 4:45 Uhr erfolgten, steht in jedem qualitativ annehmbaren Schulbuch.

Natürlich kann man damit noch heute Stimmung machen. Oder es zumindest versuchen; immerhin ist der Merkur ja scheinbar so schmerzfrei, diese ultimative Lachnummer von Artikel noch immer in seinem digitalen Portfolio zu führen. Bei „Facebook“ hat sich für derartig „kreative“ Formen der Berichterstattung inzwischen die Wendung etabliert, daß da wohl mal wieder der Praktikant dran gewesen sei – als Angehöriger der „Generation Praktikum“ (wer auch immer sich diesen Begriff ausdachte) möchte ich das allerdings zurückweisen, denn in dieser speziellen Sache würde das einen Praktikanten mit abgebrochener Grundschulausbildung implizieren.

Es gibt ja auch sonst nichts zu berichten

Vor dem Hintergrund derartiger Meldungen ist es fast tröstend, zu wissen, daß heutige Jugendliche eher dazu tendieren, wenig bis gar keine Zeitungen zu lesen – weder gedruckte noch online. Und was derlei „Bildung“ ansonsten absondert, kann man sich beispielsweise in Uwe Bolls reichlich obszönem „Auschwitz“-Film ansehen: Vor und nach den jämmerlich inszenierten Lagerszenen kommen dort nordrhein-westfälische Schüler zu Wort, die ihr „Wiedervereinigungswissen“ (Koch) zum besten geben.

Ja, man darf Medien wie dem Merkur für ihren aktiven Beitrag zur so dringend nötigen Volkspädagogik wirklich dankbar sein – jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Pressemitteilung der grünen Bundestagsfraktion zum Thema. Bloß gut, daß es momentan nichts über Syrien zu berichten gibt. Vielleicht braucht auch nur die Autorisierung aus Washington so lange.

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